Freitag, September 29, 2006

Bei Kaisers zu Besuch

Nachdem Ellie und ich es in der letzten Woche aufgrund des Feiertags nicht geschafft hatten, uns den Kaiserpalast anzusehen, habe ich es diese Woche erneut versucht. Erfolgreich.

Allerdings war es bis Sonntagabend unklar, ob ich am Montag nach Kyōto fahren könnte. Ich hatte nämlich Accomodation section gebeten, unsere Klospülung reparieren zu lassen, und da ich u.a. den Montag als möglichen Termin angeben hatte, mußte ich erst abwarten, ob die Handwerker kommen oder nicht. Bis Sonntagabend hatte ich aber nichts von Accomodation section gehört, und so stand meinem erneuten Ausflug nach Kyōto nichts mehr im Weg.


Den Weg kannte ich ja schon, und so war ich relativ schnell am Gebäude des Kaiserlichen Hofamtes in der Nordwestecke des Kaiserlichen Parks (wo sich u.a. eben der Kaiserpalast befindet) angelangt, einem häßlichen Bürogebäude, das die Erbauer gnädig hinter Bäumen versteckt haben. Hier muß sich jeder anmelden, der den Kaiserpalast oder einige der Villen in Kyōto besichtigen möchte. Bei den Villen muß sollte man das mindestens einen oder zwei Tage im Voraus erledigen, aber bei der Führung durch den Kaiserpalast reicht es, rechtzeitig (d.h. spätestens 20 Minuten vor dem Start) dort zu erscheinen. Inzwischen kann man sich auch online anmelden, und das werde ich demnächst mal versuchen, wenn ich mir dann eine der Villen ansehe.

Nach der Anmeldung hatte ich noch massenhaft Zeit, in der ich ein bißchen im Park spazierengegangen bin und in einem kleinen Restaurant ein schmackhaftes Mittagessen zu mir genommen habe. Ich habe keine Ahnung, was ich da gegessen habe, aber es war gut.

Das gute an der Führung: sie wird auf Englisch gehalten, und sie ist kostenlos. Ob das eine Entschädigung dafür ist, daß man vorher Papierkram erledigen muß, weiß ich nicht, aber schön ist es doch. Zwanzig bis zehn Minuten vor Beginn der Tour erfolgt der Einlaß in den Palast, wo alle Besucher in einem Warteraum auf den Fremdenführer warten müssen. Dieser entpuppte sich als junge Frau in Uniform. Ausgestattet war sie mit einer etwas antiqutiert anmutenden tragbaren Mikrofonanlage mit mäßiger Tonqualität. Von den einführenden Worten habe ich daher nur ca. 50 Prozent verstanden. Zuallererst gab es aber noch einen kleinen Film zu sehen, der uns über den Verlauf der Führung aufklärte.

Los gings. Die erste Attraktion war einer der beiden Gärten des Kaiserpalasts, genannt Oike-niwa.


Von Kyōto aus ist es ziemlich weit bis zum Meer, mit modernen Verkehrsmitteln dauert es zwei Stunden, da kann man sich ausmalen, was für eine lange und umständliche Reise das früher war. Mit anderen Worten: der Tennō hatte nicht so oft die Chance, das Meer zu sehen. Das war natürlich kein Zustand, deshalb wurde dieser Garten als Ersatz angelegt. Der Teich symbolisiert das Meer und die Kieselfläche links im Vordergrund den Strand. Da wäre ja keiner von uns auch nur ansatzweise drauf gekommen, deshalb hat die Fremdenführerin uns das extra noch einmal erklärt.


Hier sehen wir sie, wie sie uns mit anschaulichen Gesten den Aufbau eines traditionellen japanischen Daches erklärt. Zumindest eines Palastdaches, denn die Dinger sind sehr aufwendig. Sie bestehen aus vielen extrem dünnen Schichten aus getrockneter Zypressenrinde, die vom Baum geschält wurde, ohne diesen zu fällen. Der Vorteil des Materials: im Sommer bleibt es darunter einigermaßen kühl, im Winter dagegen hält es die Wärme im Raum. Der Nachteil: es hält nicht ewig, sondern muß alle 30 bis 40 Jahre ersetzt werden. Und eine Zypresse muß sich nach dem Schälen zehn Jahre erholen. Wie gesagt, ich glaube nicht, daß außer an den wichtigsten Palästen und vielleicht noch einigen wenigen Tempeln dieses Material verwendet wurde.


Das hier ist der Shishinden, das wichtigste Gebäude des Palastes. Hier wurden die Kaiser inthronisiert, wichtige Staatszeremonien abgehalten und ausländische Staatsgäste empfangen. Zweimal neun Stufen führen zum Thronsaal hinauf.

Das ist der Thron. Wirkt ja eher unspektakulär. Auch Akihito, der aktuelle Tennō, wurde darauf gekrönt, aber nicht in Kyōto. Für die Zeremonie wurde das kostbare Stück extra nach Tōkyō geflogen.


Vom Thron aus hat der Tenno einen direkten Blick auf diese sauber geharkte Kiesfläche und die zwei Tore im Hintergrund. Das hintere der beiden ist das Haupttor des Palastes, welches nur vom Tennō benutzt wird.


Weiter ging es zum Seiryo-den hinter dem Shishinden, der lange Jahre als Residenz des Kaisers benutzt wurde. Die Kaiserin und die Kinder hatten eine eigene Residenz im Nordteil des Palastgeländes. Erst Akihito hat mit dieser Tradition aufgeräumt.


Am besten gefallen hat mir dieser Garten, der Gonaitei, eine idyllische Gartenanlage, in der im Sommer des öfteren kleine Dichtkunstfeste veranstaltet wurden. Bei denen mußten wohl Gedichte geschrieben werden, während ein Boot den künstlichen Bach entlang fuhr. Genauer weiß ich das leider nicht, denn ich habe die Fremdenführerin oft nur ansatzweise verstehen können. Zusätzlich zur Technik kam nämlich noch eine etwas undeutliche Aussprache.


Zu den Highlights von Kyoto würde ich Ignorantin den Palast nicht zählen, aber dennoch war es mal ganz interessant, einen kurzen Blick hinein zu werfen.

Donnerstag, September 28, 2006

Warnung!

"In fünfzig Jahren werden die Japaner halbiert."

Dann kommt der irre Kettensägenmörder und richtet hier ein Massaker an. Gut zu wissen. Falls ich dann noch lebe, werde ich einen großen Bogen um dieses Land machen.

Sonntag, September 24, 2006

Sayōnara, Nicky!


Die Reihen lichten sich. Heute habe ich mich von Nicky verabschiedet. Traurig. Wir haben zusammen hier angefangen, uns bei der Orientation kennengelernt. Nächsten Samstag ist ihr letzter Arbeitstag, aber jetzt habe ich erst einmal Wochenende, und sie fliegt dann für vier Tage nach Hong Kong. Anfang nächster Woche kehrt sie nach Australien zurück. Ich werde sie furchtbar vermissen.

Und Nova muß mehr Englischlehrer einstellen, um Nickys Überstunden zu kompensieren. Mit 40 bis über 60 ÜBERstunden (!) pro Monat hat sie sich den Spitznamen "Nicky Overtime" redlich verdient.

Wie gesagt, ich werde sie - und unsere gemeinsamen sonntäglichen Mittagessen - sehr vermissen. Heute gab es noch mal Okonomiyaki. Nicky, take care!!!!

Samstag, September 23, 2006

Münzwurf

Wie schon erwähnt, war letzten Montag Feiertag, ich hatte frei, Ellie hatte frei - Grund genug, etwas gemeinsam zu unternehmen. Ted wollte ursprünglich auch mitkommen, aber ihm ist dann ein kurzfristiger Shift Swap dazwischengekommen. Da letztes Wochenende wieder ein Taifun über Japan hinwegzog, von dem wir nicht wußten, ob und wie stark er Kansai treffen würde, hatten wir folgende Aktivitäten in die engere Auswahl gefaßt: bei starkem Regen eine Ausstellung mit Kunstwerken aus Angkor Wat, bei wenig bis null Regen entweder Uji oder den Kaiserpalast in Kyōto. Nun war der Taifun aber wieder an Kansai vorbeigezogen, es regnete nicht, und dann stellte ich noch bei einem kurzen Blick in den Veranstaltungskalender fest, daß die Ausstellung nur bis zum 11. September lief. Somit hatte sich das schon von vornherein erledigt.

Blieben Uji und der Kaiserpalast. Beides hatten wir noch nicht gesehen, beides war interessant, und die Entscheidung fiel uns schwer. Da standen wir nun um kurz nach zehn vor dem großen Fernsehbildschirm in Umeda Station, und wußten nicht, wohin. Die rettende Idee: da Ujis Hauptattraktion, der Byōdō-in, auf der Rückseite der 10-Yen-Münze abgebildet ist, haben wir einfach eine Münze geworfen. Diese zeigte Zahl, und damit stand fest: wir sehen uns den Kaiserpalast in Kyōto an.

Umeda Station ist ein einziger Alptraum, aber wenigstens kann von dort aus so ziemlich überall hinfahren, weil sich dort mehrere U-Bahn- und Zuglinien treffen. Das ist allerdings auch der Grund dafür, daß Umeda ein Alptraum ist.

Jedenfalls sind wir von Umeda aus mit der privaten Hankyu Line nach Kyōto gefahren, weil es von dort nicht so weit bis zum Kaiserpalast ist. Als wir aus dem Zug gestiegen waren und den richtigen Ausgang suchten, gab es auch gleich was zu lachen. Mir wäre als Nichtmuttersprachlerin wäre es natürlich nicht von allein aufgefallen, aber hier gibt es ein im Englischen nicht existierendes Wort. Ellie hat sich königlich amüsiert.*


Nach einem 15-minütigen Fußmarsch waren wir an den kaiserlichen Gärten angelangt und dann auch bald am Gebäude des kaiserlichen Haushofamtes, wo man sich für eine der zwei Touren am Tag anmelden muß, wenn man sich den Palast auch mal von innen ansehen möchte. Was wir natürlich wollten, denn von außen gibt es da nicht so wahnsinnig viel zu sehen.


Im kaiserlichen Haushofamt schätzt man Besuchermassen nicht sonderlich, und deshalb hat es sich einen Trick einfallen lassen: an Wochenenden und Feiertagen ist es geschlossen. Davon stand dummerweise nichts in meinem Reiseführer, und so standen wir mit dummen Gesichtern vor verschlossenen Türen.

Was haben wir gemacht? Wir sind zur nächsten U-Bahnstation gegangen, sind bis Kyōto Station gefahren und von dort mit JR nach Uji.

Uji liegt in der Nähe von Kyoto ganz malerisch am Uji-gawa. In der Heian-Zeit bauten sich viele Adelige hier prächtige Villen und nutzten den Ort als Sommerfrische. In einem der beiden ältesten japanischen Romane, Genji Monogatari von Murasaki Shikibu, spielen Teile der Handlung in Uji. Am Ufer des Uji-gawa steht deshalb ein Denkmal der Autorin (besser gesagt: ich denke mal, daß es ihr Denkmal ist).


Von dort sind es dann nur noch ein paar Schritte, und man ist beim Byōdō-in angelangt. Ursprünglich war er eine Villa, die einem Mitglied des mächtigen Fujiwara-Clans gehörte (Murasaki Shikibu stammte übrigens wohl auch aus dieser Familie). Dessen Sohn wandelte die Villa dann in einen buddhistischen Tempel um. Im Lauf dieser Jahrhunderte brannten Teile des Tempels ab, so daß heute im Grunde genommen nur noch die Phönixhalle und ein weiteres Gebäude erhalten geblieben sind.


Das hier ist die Phönixhalle - ein wunderschönes, elegantes Gebäude, das überraschend klein ist. Ich hatte eigentlich etwas größeres erwartet. Sie beherbergt eine große Buddhastatue. Wir sind nicht in die Halle selbst gegangen, denn das Museum mit seinen Kunstschätzen war viel interessanter. U.a. sind dort die Holzskultpturen von 52 buddhistischen Gottheiten zu sehen. Wenn ich meinen Reiseführer und die Broschüre vom Byōdō-in richtig interpretiere, sind im Museum die Originale ausgestellt, und in der Phönixhalle befinden sich "nur" Kopien. Jede Skulptur sieht anders aus und stellt für sich genommen schon ein bedeutendes Kunstwerk dar. Wir waren sehr beeindruckt - aber gleichzeitig haben wir auch bedauert, nicht mehr (bzw. überhaupt etwas) über buddhistische Kunst zu wissen.

Nachdem wir die Besichtigung des Tempels abgeschlossen hatten, sind wir noch kurz zum Fluß gegangen. Wirklich eine schöne Gegend, hat mir sehr gut gefallen.


Aber ich mußte bei einem Blick auf diesen einsamen Angler feststellen (am Ufer waren allerdings noch ein paar mehr), daß ich einen meiner Schüler wohl einmal etwas voreilig verbessert hatte:

"Was ist Ihr Hobby?"
"Mein Hobby ist Angeln. Jedes Wochenende gehe ich ins Meer oder in den Fluß."

Das macht der möglicherweise tatsächlich ...
___
* Nachtrag, 29.9.: Das stimmt so nicht, alle Wörter auf dem Schild sind korrektes Englisch. Da hatte meine Begleitung wohl einen kleinen Aussetzer.

Mittwoch, September 20, 2006

Aus gegebenem Anlaß, Teil 2

Nachdem wir die Natur des vorgestrigen Feiertags und die Gründe für die Auswahl des Geschenks geklärt hatten, konnte die Stunde dann endlich losgehen. Thema: Über berufliche und private Pläne sprechen. Um es dem Schüler zu ersparen, mit einer extrem neugierigen Lehrerin über möglicherweise allzu Privates zu plaudern, macht man da in der freien Anwendung des gerade Gelernten am besten ein Rollenspiel. Ein Interview mit einer Person der Zeitgeschichte zum Beispiel.

"Wie sehen Ihre Pläne für die nächste Zukunft aus?"
"Am 20. September schlafe ich Politiker ab."

Wer wissen will, wer mein "Interviewpartner" war und was er mir eigentlich hatte mitteilen wollen: bitte hier lesen.

Dienstag, September 19, 2006

Papierkram, Teil 8

Heute stand ich um kurz vor zwei vor einem großen, grauen Gebäude mit diesem sympathischen Schild. Ich bin natürlich auch hineingegangen und habe wichtigen Papierkram erledigt.


Aber der Reihe nach:

Um kurz vor zwölf hatte ich bekanntlich den Termin zur Vertragsunterzeichnung bei Craig. Das ganze hat wirklich nur eine knappe Viertelstunde gedauert. Der Vertrag ist unterzeichnet, es gibt eine kleine Gehaltserhöhung (die exakt der Summe entspricht, die das neue Visum kostet, aber sei's drum), ab Ende April habe ich Anspruch auf elf Tage bezahlten Urlaub anstatt wie im ersten Jahr zehn, da mit jedem neuen Vertrag jeweils ein Urlaubstag dazu gegeben wird. Das bringt mich ja fast in Versuchung, so lange zu bleiben, bis ich bei 20 Tagen (Maximum) angekommen bin... ;-)

Der neue Vertrag war ruckzuck unterschrieben, danach ging es um die Prozedur der Visumsverlängerung: wo muß ich hin, was muß ich mibringen, worauf muß ich achten. In dem Punkt ist das ja wirklich gut organisiert, das muß ich zugeben. Der Antrag war schon da, teilweise schon maschinell ausgefüllt, so daß ich zu Hause nur noch meine persönlichen Angaben eintragen mußte. Außerdem bekam ich eine Bescheinigung darüber, daß ich für das nächste Jahr eine Beschäftigung habe und gebraucht werde, und wieviel Geld ich im letzten Jahr hier verdient habe. Letzten Monat gab es schon eine Steuerbescheinigung auf meiner Gehaltsabrechnung, und dann brauchte ich nur noch eine Kopie des neuen Vertrags (bzw. zwei, eine für das Amt, eine für mich), meine Alien Registration Card und meinen Reisepaß.

Ich bin dann schnell nach Hause gefahren, habe eine Ladung Wäsche in die Waschmaschine geworfen, meinen Futon auf den Balkon gehängt, den Visumsantrag ausgefüllt, alle Unterlagen zusammengesucht, und dann ging es zur Einwanderungsbehörde. Siehe oben.

Das Gebäude ist schon etwas älter und verströmt den Charme der 60er oder 70er Jahre. Die Visumsangelegenheiten (Visumsverlängerung, Wiedereinreisegenehmigungen, ...) werden in einem mittelgroßen Raum bearbeitet, in dem ein paar Beamte arbeiteten und ca. 50 Leute warteten, größtenteils Chinesen und Koreaner (dem Aussehen nach zu schließen). Gemessen an der Größe des Raums und der versammelten Menschenmenge waren die winzige Klimaanlage und die paar Ventilatoren (zwei für die Antragsteller, zwei für die Beamten) schlicht unzureichend. Die Luft war zum Schneiden, es war einfach nur heiß. Alles fächelte sich mit Papieren Luft zu - hier war ich klar im Vorteil, denn ich trage seit zwei Monaten einen hübschen Fächer in meiner Handtasche herum. Feine Sache.

Direkt am Eingang befindet sich ein kleiner Informationsschalter, wo sich die Antragssteller die benötigten Formulare abholen können, die sie dann an kleinen Tischen ausfüllen. Da ich das schon erledigt hatte, konnte ich mich direkt in die Schlange an der Antragsstelle einreihen, wo alles zur Bearbeitung abgegeben werden muß. Es waren nur sechs Leute vor mir, die teilweise auch zusammen gehörten, aber bei einigen gab es wohl ein Problem, etwas war nicht richtig ausgefüllt worden oder was auch immer, jedenfalls zog es sich gewaltig hin.

Endlich war ich dran. Ich gab meine Dokumente ab (in meinem Antrag hatte ich auch prompt zwei Zeilen übersehen, aber das auszufüllen, war eine Sache von wenigen Sekunden), bekam eine Nummer und eine Postkarte. Auf die mußte ich meine Adresse schreiben. Wenn mein Visum fertig ist, bekomme ich die Karte zur Benachrichtigung zugeschickt, bis wann ich es abholen kann/muß. Zunächst mußte ich aber erst einmal warten, bis meine Nummer aufgerufen wurde. Das dauerte dann noch mal eine knappe halbe Stunde. Dann bekam ich meine Alien Registration Card und meinen Paß zurück. Im Paß gibt es jetzt einen neuen Stempel: die Nummer meines Visumsantrags. Das muß ich morgen bei Nova kopieren lassen. Und wenn mein Visum da ist, braucht Nova davon auch noch eine Kopie, damit sie wissen, daß ich mich immer noch legal im Land aufhalte.

Anfangs hatte ich noch überlegt, mich in dem Gebäude zu "verlaufen", um zu sehen, ob nur die Ausländer über ihren Anträgen schwitzen (im wahrsten Sinne des Wortes!) dürfen, aber als ich endlich fertig war, wollte ich nur noch raus. Vielleicht beim nächsten Mal. ;-)

Die Klimaanlage

Das Wetter hier ist derzeit etwas wechselhaft. Die meiste Zeit ist es (verglichen mit dem Vormonat) relativ kühl, aber immer noch warm genug, um leicht bekleidet durch die Gegend zu wandern. Ab und an wird es etwas windig, weil ein Taifun vorbeizieht (bislang haben sie allerdings ausnahmslos einen großen Bogen um Kansai gemacht), manchmal regnet es.

Gestern und heute ist es wieder sehr schwül, aber zum Beispiel Samstag war herrlichstes Wetter. Als ich spätabends von der U-Bahn nach Hause gekommen bin, wehte ein mildes Lüftchen, es war angenehm kühl - wunderbar. Zu Hause lief die Klimaanlage.

Das nervt mich schon seit einer Weile, daß das Ding immer noch nahezu im Dauerbetrieb laufen muss und nicht einmal abends, vor dem Schlafengehen ausgeschaltet werden kann. Dann ist die Innentemperatur nämlich schön gesunken, so daß man gut einschlafen kann, und morgens ist es jetzt auch immer erst noch kühl draußen. Heiß wird es erst im Verlauf des Vormittags.

Samstag hatten wir nun aber die Situation, daß es draußen kühler war als drinnen, obwohl im Wohnzimmer die Klimaanlage an war. Darum habe ich einfach mal die dumme Frage gestellt: "Muss die Klimaanlage wirklich an sein?"

"Es ist so heiß in der Wohnung, darum ist die Klimaanlage an."
"Und warum macht ihr nicht einfach die Balkontür für ein paar Stunden auf und laßt frische Luft rein?"
"Aber es ist doch immer noch heiß und schwül draußen! Das Internet gibt immer noch 30° für Osaka an."
"Aber jetzt ist es nicht heiß!"
"Was heißt 'jetzt'?"
"'Jetzt' heißt 'jetzt', 16. September, 23:30. Stellt Euch mal auf den Balkon - da ist es kühler als hier drinnen."
"Ja, aber die Klimaanlage kühlt die Wohnung besser." "Was ist überhaupt das Problem?!"
"Das Problem ist, daß ich nicht verstehe, warum die Klimaanlage laufen muß, wenn man einfach nur das Fenster zu öffnen braucht."
"Die Klimaanlage kühlt nun mal besser."
"Es ist hier drinnen ein ganzes Stück wärmer als draußen, und trotzdem muß die Klimaanlage laufen? Das ist Energieverschwendung!"
"Aber das kostet doch nichts extra! Die Klimaanlage lief den ganzen Sommer über, und wir haben nicht mehr für den Strom zahlen müssen!"
"......"

Mir fiel nichts mehr ein. Ich war überstimmt, und damit blieb die Klimaanlage an. Umweltschutz scheint für manche Leute ein absolutes Fremdwort zu sein.

Oh Herr, schmeiß Hirn raa!!

Montag, September 18, 2006

Aus gegebenem Anlaß

Samstagabend, Einzelstunde mit einem fortgeschrittenen Schüler, Aufwärmphase.

"Was gibt's neues?"
"Vorgestern ich habe für meinen Großvater ein Geschenk gekauft."
"Hat Ihr Großvater Geburtstag?"
"Nein, der 18. Tag des September ist Gleistag."
"...?"
"Gleistag. Verehrung der Gleis Tag."
"??????"

Wie sich herausstellte, werden heute, am 18. September, die alten Leute in Japan geehrt. Er meinte "Greistag". Das alte Problem mit "l" und "r".

Weiter ging's:

"Und was haben Sie Ihrem Großvater gekauft?"
(Eigentlich eine dumme Frage, Japaner verschenken ja hauptsächlich Nahrungsmittel.)
"Ich habe meinem Großvater Trauben gekauft."
(Na bitte.)
"Warum ausgerechnet Trauben?"
"Meine Großmutter hat ein Gebiß, weil ich meinem Großvater Trauben gekauft habe."

Japaner organisieren ihre Sätze oft ganz anders, da kann man in der Fremdsprache durchaus schon mal Ursache und Wirkung verwechseln.
Außerdem hat der Großvater das Gebiß.

Sonntag, September 17, 2006

Papierkram, Teil 7

Am Dienstag um 12:00 ist es soweit: dann unterzeichne ich den neuen Vertrag.

Lange hat's gedauert, aber es wurde auch Zeit, denn in einem Monat läuft mein Visum ab - und falls ich meinen Rückflug schon für Mitte Oktober buchen sollte, dann wäre es doch nett, mir das auch rechtzeitig mitzuteilen. Na ja.

Am Donnerstag hatte ich mich bei André erkundigt, ob ich mal zu LS gehen und fragen solle, was denn nun mit dem neuen Vertrag ist. Das sei nicht nötig, die würden mich schon ansprechen. Außerdem sei Kaan (mein Floor Supervisor und für meinen Vertrag verantwortlich) auch gerade im Urlaub, aber dann würde das irgendjemand anderes machen. Heute hat es mir aber gereicht, schließlich habe ich jetzt erst einmal wieder zwei Tage Wochenende. Also bin ich gegen Ende meiner Pause zu LS spaziert und habe mich mal ganz angelegentlich nach meinem Vertrag erkundigt. Ich wurde an Craig verwiesen (Floor Supervisor für den 14. Stock), der sah in den Unterlagen nach und stellte fest: ja, der Vertrag ist schon da. "Didn't you get a message?" Nein, natürlich nicht. Die Vertragsunterzeichnung dauert 10 bis 15 Minuten, das ging in den 20 Minuten bis zum Beginn der nächsten Stunde natürlich nicht mehr, also haben wir uns auf Dienstag, 12:00 geeinigt. Das ist direkt nach meiner Japanischstunde, wenn ich sowieso schon in Namba bin.

Im Namba Walk

Ein Bild hatte ich schon gezeigt, aber heute möchte ich den Namba Walk etwas detaillierter vorstellen. Er verdient es.

Soweit ich das überblicken kann, ist der Namba Walk eine unterirdische Einkaufsmeile, bestehend aus zwei parallel verlaufenden Gängen, die alle paar Meter durch eine kleine Passage miteinander verbunden sind. In der Mitte wird der Namba Walk durch den Eingangsbereich zur Midosujilinie unterbrochen. Und das ganze ist dichtgesäumt von kleinen Läden, Geschäften, Cafés und Restaurants.


Das hier ist Kuromonya, ein kleines Restaurant, in dem man zu einem vernünftigen Preis schnell ein gutes Tonkatsu-Curry bekommt (Tonkatsu ist die japanische Variante des Schweineschnitzels). Scharf und lecker. Rechts im Schaufenster sind wie fast überall Plastikmodelle der angebotenen Gerichte ausgestellt. Das ist sehr praktisch, da weiß man ungefähr, wie groß die Portion sein wird. Und alle, die die Speisekarte nicht lesen können, winken den Kellner nach draußen vor die Tür und zeigen mit dem Finger auf das Gewünschte. Wie gesagt, das ist sehr, sehr praktisch.


In diesem kleinen Kabuff habe ich meinen Yukata samt Zubehör erworben. Direkt daneben ist noch mal ein Kimonoladen, der doppelt so groß ist. Ob das Konkurrenten sind oder sie doch irgendwie zusammengehören, weiß ich nicht. Richtige Kimonos jedenfalls sind teuer. Was da neben einer komplett ausstaffierten Schaufensterpuppe auf dem Preisschild steht, entspricht oft meinem Monatsgehalt. Und dann bin ich mir nicht mal sicher, ob man bei dem Preis den Zubehör (Bänder zum Festschnüren, Obi, ...) nicht noch extra bezahlen darf. Vorstellen kann ich es mir schon.


Hier ist die Mode wesentlich preiswerter. Die ersten beiden Tore gehören zu dem einen Laden, die beiden hinteren zu dem anderen. Vor allem im vorderen kaufe ich oft ein. Hosen leider nicht, obwohl die auch oft schicke haben, die sind mir ja alle zu kurz, aber Oberteile oder Blazer passen mir in der entsprechenden Größe auch. Die Mode ist schon sehr japanisch, mit viel zu vielen Schleifchen und Rüschchen und ähnlichem Gedöns, aber trotzdem finde ich oft etwas, was auch meinen Geschmack trifft.


Direkt gegenüber befindet sich dieses Damenbekleidungsgeschäft. Man sieht es schon an der etwas spärlicheren Schaufensterdekoration: hier ist es teurer. Vor ca. einem Monat haben sie umgebaut, seitdem gibt es hier Schaufenster aus Glas, während die anderen Läden alle offen sind und abends einfach die Rolläden runterlassen. Was man jetzt nicht so gut sieht: modisch sind sie irgendwann in den 50ern stehengeblieben. Nicht, daß die Mode in den 50ern so schlecht gewesen ist, in den guten, alten Hollywoodfilmen sehen die Frauen oft einfach nur schick aus (mit Ausnahme der Frisuren), aber merkwürdig ist es trotzdem. Außerdem hat dieser Laden hier keine anständigen Schaufensterpuppen, sondern nur so merkwürdige Holzgestelle. Nun sind die Japanerinnen alle schon sehr zierlich und (meistens) schlank, bei vielen jungen Frauen in der U-Bahn habe ich den Verdacht, daß sie unter akuter Magersucht leiden, da passen diese Puppen schon ganz gut - aber ist es wirklich geschickt, die Mode auf Holzgerippen zu präsentieren, an denen auch die schönsten Kleider, Blusen und Röcke nur noch sackartig herunterhängen?


Weiter geht's: ein kleiner Stand mit Kosmetikprodukten, ein Reisebüro, ein japanisches Eiscafé (in dem man geschabtes Eis mit Früchten bekommt - interessant) und dieses Omiyagegeschäft. Die Verkäuferin war gerade mit Verkaufen beschäftigt, sonst hätte ich sicher noch mehr oder weniger unauffällig einen Videoschnipsel zum ewigen Andenken aufgenommen. Wenn keine Kundschaft da ist, müssen die Verkäuferinnen die potentiellen Kunden auf die Ware aufmerksam machen. Soll heißen: sie preisen ihre Produkte an. Diesen Job bekommt grundsätzlich, wer über ein ausreichend durchdringendes Organ verfügt. Dummerweise sind das auch immer die unangenehmsten Stimmen. Bei der jungen Frau, die hier für die Kundenaquisition zuständig ist, ist das besonders extrem. Mit anderen Worten: sie hat die ideale Stimme, um den Mund zu halten.


Voilà: "Die Güte", deutsche Bäckerei. Irgendwann habe ich das Brot in der hintersten Ecke des Angebots entdeckt. Deutsches Brot. Mischbrot. Brot zum Kauen. Gerettet!

Das war der Teil vom Namba Walk, den ich auf meinem Weg zur Arbeit immer entlang gehe. Am Dienstag war ich dann noch mal auf der anderen Seite von der U-Bahnstation, wo ich so gut wie nie hingehe. Aber ich wollte doch auch davon ein paar Fotos machen. Ich habe den Eindruck, daß die Restaurantdichte auf "meiner" Seite etwas größer ist, dafür gibt es hier wesentlich mehr Bekleidungsgeschäfte. Damenoberbekleidung, Dessous (am besten wieder gleich zwei Geschäfte direkt nebeneinander), Modeschmuck, Herrenbekleidung, ...


Zum Beispiel dieses hier, das sich auf Socken und Strümpfe spezialisiert hat. Und offensichtlich auch auf lange Unterhosen, wenn ich den Bildhintergrund richtig interpretiere. Natürlich gibt es hier zunächst einmal simple Damenstrumpfhosen, schlicht oder mit dezentem Muster, Füßlinge (von denen viele nicht ohne wilde Blümchenmuster, Rüschen und Schleifen - gerne auch alles in Kombination - auskommen). Dann gibt es aber auch diese langen grellbunten Strümpfe, am besten auch noch mit Rüsche am Saum. Als ich die das erste Mal gesehen habe, mußte ich sofort an die "schicken" langen Strümpfe denken, die werdende Mütter im Kreißsaal anziehen. Hier sind diese Teile, die bis zur Mitte des Oberschenkels reichen, anscheinend ein unverzichtbares Modeaccessoir. Man trägt sie zu knappsten Shorts und Miniröcken. Und natürlich gibt es ein ungeschriebenes Gesetz, welches strengstens verbietet, wenigstens farblich zum Höschen oder Minirock passende Strümpfe anzuziehen. Es sieht einfach nur unmöglich aus.


Ausländische Namen, am besten englische, sind cool, bei Mode darf es auch mal Französisch sein. Ob das dann angemessen ist, interessiert keinen. Das englische Wort "plump" jedenfalls heißt "drall" oder "prall". Es kann aber auch "plump" (jetzt deutsch ausgesprochen) bedeuten. ICH würde ein Geschäft für schicke DamenOBERbekleidung jedenfalls nicht so nennen.
Es ist aber auch kein Einzelfall. Immer wieder schön finde ich "Misch Masch", eine Kette für Damenoberbekleidung. Leicht gehobene Preisklasse, sieht alles gar nicht schlecht aus - und schon gar nicht nach einem wilden Mischmasch.

Unser Rundgang durch den Namba Walk neigt sich dem Ende zu. Fazit: hier gibt es wirklich alles.


Inklusive eines Geschäfts für den gehobenen Hippiebedarf.

Freitag, September 15, 2006

Japaner in Deutschland

Aufwärmrunde zu Beginn der Stunde, die Schüler machen sich miteinander bekannt bzw., wenn sie sich schon kennen und die Sprachkenntnisse es erlauben, erst mal ein bißchen Small Talk. Diese beiden waren schon mehrmals in Deutschland.

"Was ist Ihre Lieblingsstadt in Deutschland?"
"Oberammergau. Da gibt es viele schöne Häuser."
"Ich bin schon fünfmal nach Deutschland gereist, aber ich bin nicht über die Häuser gegangen."

Dienstag, September 12, 2006

Mein Weg zur Arbeit, Teil 2

Vor einiger Zeit habe ich mal meinen alltäglichen Weg zur U-Bahn in all seiner Schönheit gezeigt. Das sind aber nur ca. 10 Minuten der Strecke zur Arbeit. Hinzu kommen noch 15 Minuten Fahrt in der U-Bahn und anschließend weitere 10 Minuten Fußweg, bis ich meine Arbeitsstelle erreiche.
Die U-Bahn-Strecke stelle ich eines Tages vielleicht auch noch einmal vor, aber heute gibt es jede Menge Fotos vom letzten Teil des Wegs.


Hier, in der Station Namba, steige ich aus dem (derzeit noch) tiefgekühlten U-Bahnwagen und begebe mich zum Ausgang. Dort stecke ich meine Fahrkarte in die Ticketbarriere. Karten für eine einfache Fahrt schluckt der Automat, meine Monatskarte spuckt er am anderen Ende wieder aus, die brauche ich schließlich noch.


So sieht das aus: Karte reingesteckt, und schon öffnet sich die Barriere. Wer aus Versehen die falsche Karte gekauft hat bzw. weiter gefahren ist als die Karte gültig ist, wird nicht durchgelassen. Das ist aber kein Problem, denn in dem Fall geht man einfach zu dem Automaten links im Bild (mit der lila Seite) und bezahlt den Fehlbetrag. Dann bekommt man eine neue Karte und wird rausgelassen. Das Konzept des Schwarzfahrens ist hier unbekannt. So was macht man einfach nicht.

Von der Ticketbarriere sind es nur ein paar Schritte, und ich bin in dem Teil des Namba Walks, der zum OCAT führt, und in dem Gebäude neben dem OCAT arbeite ich.


Der Namba Walk ist eine riesige unterirdische Einkaufsmeile. In der anderen Richtung geht es noch weiter, aber in den Teil gehe ich selten, weil es nun mal nicht mein Weg ist. Hier sieht es zugegebenermaßen noch eher mäßig aus, aber im Hintergrund ist schon das erste Lädchen zu sehen. Davor muß man nur einen kleinen Schlenker nach links machen, und schon ist man mitten im Gewimmel. Das Lädchen hier im Bild ist übrigens die Drogerie meines Vertrauens - der nette Verkäufer spricht ein paar Brocken Englisch und reduziert seine Sprechgeschwindigkeit, wenn ich versuche, auf Japanisch mit ihm zu kommunizieren. Mit seiner etwas älteren Kollegin fällt die Kommunikation schon schwerer, aber sie ist auch sehr, sehr nett. Hier habe ich vor drei Wochen Medizin gegen die Halsschmerzen bekommen und mich mit westlichen Halstabletten eingedeckt.


Und so sieht es im Namba Walk aus: ein Geschäft neben dem anderen, zwischendurch noch diverse Restaurants und Cafés. Das ist übrigens nur der rechte Gang, alle paar Meter kann man zwischen zwei Geschäften hindurch zum linken Gang hinüberwechseln, wo es genauso geschäftig zugeht. Und von der U-Bahnstation aus geht der Namba Walk in der anderen Richtung noch weiter, ebenfalls "zweispurig", versteht sich. Das hier ist noch der kürzere Teil.


Am Ende des Namba Walks komme ich am Eingang zu einer weiteren U-Bahnstation vorbei, und dann lande ich schon in dieser - ebenfalls unterirdischen - Passage. Das rechts sind zwei Laufbänder. Ich gehe aber meistens links entlang, weil es doch etwas schneller geht. Auf den Laufbändern bleiben die Leute auch gerne stehen, und ich habe selten Lust, mich da vorbeizuschieben. Am Ende wende ich mich nach links ...


... und stehe direkt vor diesem Treppenaufgang mit der kleinen Rolltreppe. Rechts von der dicken Säule in der rechten oberen Ecke befindet sich der kleine Hof vom OCAT.


Hier ist er, mit der markanten Silberkugel in der Mitte. Ein beliebter Treffpunkt, weil den nun mal jeder kennt. Hinter der Kugel sieht man die kleine Bühne. Hier werden in längeren Abständen kleine Jazzkonzerte o.ä. gegeben, auch Tanzwettbewerbe finden hier statt. Normalerweise treffen sich hier regelmäßig viele Jugendliche in mehr oder ausgefallener Kleidung, um Jazzdance, Breakdance oder was auch immer zu üben. Abends sind es naturgemäß mehr als tagsüber, und am Wochenende mehr als unter der Woche. Die Silberkugel wird als Spiegel benutzt, um die eigenen Bewegungen zu kontrollieren. Auch Temperaturen über 30° können sie nicht von ihrem Tun abhalten, aber die paar Regentröpfchen, die heute mittag fielen, schienen Grund genug zu sein, ein Päuschen einzulegen.

Links hinten befindet sich einer der Eingänge zum Untergeschoß des OCAT. Da muß ich rein. Draußen befindet sich eine Takoyaki-Bude (Takoyaki sind gebratene oder frittierte Bällchen mit Oktopusfüllung, eine Spezialität aus der Region. Ich habe mich noch nicht getraut, sie zu probieren.) Drinnen befinden sich auf der rechten Seite erst einmal MacDoof eine Filiale einer weltbekannten Frittenbraterei, dann ein leider verräuchertes pseudo-italienisches Café mit Namen Italian Tomato, dann Hokuo, die pseudo-skandinavische Bäckerei, in der es jede Menge süßer Teilchen gibt.


Des weiteren gibt es noch einen Geldautomaten, eine Drogerie, einen Convenience store, ein pseudo-italienisches Restaurant mit Nichtraucherplätzen (der Salat ist lecker!) und alle paar Wochen einen Flohmarkt, auf dem allerhand Nippes feilgeboten wird.


Ich biege hinter dem pseudo-italienischen Restaurant rechts ab und komme zum San Marino. Hier gibt es leckere Bentos, fertige Mahlzeiten, die man nur noch in der Mikrowelle heiß machen muß. Mein Lieblingsbento ist "Sweet Chili Chicken". Lecker. Aber der anscheinend selbstgemachte Fruchtjoghurt ist auch nicht zu verachten.
Rechts geht es weiter zu den Fahrstühlen, und dann bin ich auch schon da.

Montag, September 11, 2006

Präpositionen, Teil 4

Die falsche Präposition wirkt oft sinnentstellend, und manchmal bekommt der Satz dadurch eine ganz ungewollte Konnotation:

"Ich komme in Chiba."

Oder:

"Ich komme heute nicht im Büro."

Diesen Fehler machen die Schüler so oft, daß es schon witzlos geworden ist. Aber manchmal, da wird es dann doch interessant:

"Der Weihnachtsmann kommt im Kamin."

Genau das wollte ich schon immer wissen: Details aus dem Sexualleben des Weihnachtsmannes ...

Sonntag, September 10, 2006

Herbstferien

Kollegin Andrea bekommt Besuch aus der Heimat und hat mich um Swaps gebeten. Jetzt arbeite ich Ende Oktober zweimal an ihrer Stelle und habe dafür Anfang Oktober und Anfang November jeweils ein längeres Wochenende. Damit stehen die Termine für meine nächsten Kurzurlaube fest. Den für Anfang Oktober habe ich Freitag gebucht, der andere befindet sich noch in der Planungsphase. Soll heißen: ich weiß, wo ich hin will.

Vom 2. bis 5. Oktober fliege ich aber erst mal nach Miyazaki. Das Nova-eigene Reisebüro hatte ein günstiges Angebot für einen zweitägigen Trip in verschiedene Städte Japans (Rückflug und Hotelübernachtung mit Frühstück), Verlängerung natürlich möglich, das nur noch bis Mitte Oktober gültig war. Da galt es, zuzugreifen.

Die Wahl fiel aus den folgenden Gründen auf Miyazaki:

Freitag, September 08, 2006

Akashi Kaikyō Ōhashi

Am Montag habe ich das schöne Wetter (erträglich heiß bei strahlend blauem Himmel) genutzt, um mir mal ein etwas moderneres Bauwerk in der Nähe anzusehen. Akashi Kaikyō Ōhashi, die längste Hängebrücke der Welt und als solche inzwischen schon eine Touristenattraktion für sich. Auf meiner Fahrt nach Himeji im Februar hatte ich vom Zugfenster aus schon einen kurzen Blich darauf erhaschen dürfen und mir fest vorgenommen, mir eines Tages diese Brücke auch etwas genauer anzusehen. Und endlich bin ich dazu gekommen.

Von Shin Ōsaka aus ging es mit dem Schnellzug nach Kōbe, wo ich in eine Bummelbahn umstieg, weil die Brücke nun mal nur an einem kleineren Bahnhof mit dem schönen Namen Maiko liegt. Von da ist es auch gar nicht weit, sobald man das Bahnhofsgebäude verläßt, steht man praktisch neben der Brücke. Und übersehen kann man sie nun wirklich nicht.


Es ist so ein mächtiges Bauwerk von gewaltigen Ausmaßen, die Brückenpfeiler, die die Fahrbahn an beiden Enden abstützen, sind unglaublich groß und dick, stellen alles in den Schatten. Dennoch wirkt die Brücke als ganzes leicht und elegant. Wie schon mal gesagt, ich finde sie wunderschön. Ich habe an dem Tag etwas über 120 Fotos geschossen, und auf ca. 100 davon ist die Brücke zu sehen.

Rechts neben der Brücke (vom Bahnhof aus gesehen) befindet sich das Bridge Exhibition Center, in dem man sich über die Technik des Bauwerks und die zu bewältigenden Schwierigkeiten (Erdbeben, Taifune, Gezeiten, ...), die informieren kann. Das habe ich ausgelassen. Wäre mit großer Wahrscheinlichkeit sowieso wieder alles in Japanisch gewesen, und außerdem reicht mein Interesse für Technik dann doch nicht so weit. Statt dessen habe ich die Maiko Marine Promenade besucht. Die befindet sich nämlich in der Brücke, im letzten, dicken Brückenpfeiler auf dem Festland. Ein Lift fährt die Besucher acht Stockwerke hoch, und dann geht es auf zur Beobachtungslounge direkt unter der Fahrbahn. Auf dem Foto unten ist sie gut zu sehen.


Das war anfangs etwas unheimlich, weil die Brücke vom Autoverkehr ständig leicht vibrierte, aber nach einer Weile hatte ich mich daran gewöhnt. Das sieht jetzt sehr klein aus, aber sie hängt auch 46 Meter über dem Meeresspiegel. Innen ist sie sogar recht geräumig und beherbergt - wie könnte es in diesem Land anders sein - sogar ein kleines Café. Da habe ich mir zu einem vernünftigen Preis ein Mittagessen gegönnt. Und dann bin ich noch etwas weiter raus auf die Beobachtungsplattform gegangen, 47 Meter über NN. Alles gut gesichert, versteht sich, mit dicken Gittern und/oder Glasscheiben. Aber auch das war etwas unheimlich - die Brücke vibrierte und schwankte leicht, über mir donnerten die Autos vorbei, und an einer Stelle war dickes Panzerglas in den Boden eingelassen, durch das man auf das Wasser unter der Plattform sehen konnte. Die meisten Besucher der Lounge zogen es doch vor, drinnen zu bleiben.


Schade, denn die Plattform bietet eine faszinierende Aussicht auf das "Innere" der Brücke, die so lang ist, daß man nicht bis zum Ende sehen kann.

Links von der Brücke wurde ein Park angelegt, mit ein paar Bäumen (aber nur kleinen, die die Sicht auf die Brücke nicht verstellen), Rasenflächen, dem Sun Yat-sen Memorial in einer alten Villa (die für den Bau der Brücke um ein paar Meter verstellt werden mußte!) und einigen Denkmälern.


Bei diesem hier bin ich mir nicht sicher, was es darstellen soll. Sieht ja fast so aus, als habe da jemand ein Denkmal für einen Donut aufgestellt. Schon lustig. Aber es ist tatsächlich ein brauchbares Denkmal:


Es bietet ein fantastisches Fotomotiv!

Sehr viel mehr gab es dort allerdings auch nicht zu sehen, und so beschloß ich, nach Awajishima zu fahren. Am besten mit dem Bus über die Brücke. Also zurück zum Bahnhof, von wo Schilder den Weg zur Bushaltestelle wiesen. Dortselbst angelangt, informierte mich ein Schild, daß man die Fahrkarten nur im Bus selbst kaufen könne und vom Fahrer höchstens 1.000-Yen-Scheine akzeptiert würden. Dummerweise hatte ich nicht mehr ausreichend Kleingeld im Portemonnaie, und die Getränkeautomaten nehmen auch keine 10.000-Yen-Scheine. Dumm gelaufen. Also wurde der Plan mit dem Bus verworfen. Statt dessen ging es mit dem Zug zwei Stationen weiter bis nach Akashi, wo die Fähre nach Iwaya (dem ersten kleinen Örtchen auf Awajishima) ablegte. Das erwies sich als die bessere Wahl, denn im Bus hätte ich wohl kaum diese Aussicht auf die Brücke gehabt.


Ziemlich genau zwischen den beiden Pfeilern lag das Epizentrum des großen Erdbebens von Kōbe am 17.1.1995. Die Brücke war zu dem Zeitpunkt noch im Bau, wurde daher nicht zerstört. Aber die beiden Pfeiler wurden um einen Meter auseinandergeschoben, so daß sich die Mittelspannweite von den ursprünglich geplanten 1.990 Metern auf die heutigen 1.991 Meter erweitert werden mußte. Wahnsinn.


Das ist der Gegenverkehr, die Fähre von Iwaya nach Akashi. "Meine" sah ähnlich aus. "Takoferri" heißt sie, auf Deutsch: "Oktopusfähre". Wer hätte das gedacht. ;-)

Die Überfahrt war klasse. Es dauerte ungefähr 20 Minuten, bis wir in Iwaya ankamen. Es ging der Brücke immer näher, dann darunter hindurch. Und das alles bei herrlichstem Wetter. Iwaya dagegen war eine Enttäuschung. Mein Reiseführer sprach von einem netten Landschaftspark hinter dem Ort, aber gut ausgeschildert war das nicht. Wie der Park heißt, verriet das Buch leider auch nicht, das wäre ja schon etwas hilfreich gewesen. Es fuhren zwar Busse, aber auch nicht zu oft, und dann konnte ich die Fahrpläne nicht lesen.


Ich bin dann erst einmal Richtung Brücke marschiert, weil ich hoffte, da Hinweise zu finden. Es ging eine kleine, im wahrsten Sinne des Wortes verschlafene Straße entlang. Montagnachmittag, und alle Läden hatten geschlossen. Ja, hallo?!
Am Landepunkt der Brücke waren dann auch keine Hinweise auf einen Park zu entdecken, aber immerhin hatte wenigstens dort ein Andenkenladen geöffnet, wo ich ein Omiyage für Kayo kaufen konnte. Awajishima ist für seine besonders leckeren Zwiebeln berühmt, daher mußte es natürlich was mit Zwiebel sein. Das haben wir uns nach dem gegenseitigen Unterricht (diese Woche war es mal am Dienstagnachmittag) dann gegönnt: ein Keks mit einer leicht süßen Füllung mit einem dezenten Zwiebelgeschmack. Interessant, aber gar nicht mal schlecht.

Als der Einkauf getätigt war, bin ich dann in die andere Richtung zurück ein Stück am Fähranleger vorbei zur Hauptattraktion von Awajishima: einer winzig kleinen Sandsteininsel mit Namen Esimajima.


Esimajima gilt als die erste japanische Insel, die von den beiden Göttern Izanagi und Izanami geschaffen wurde. (Wer sich für die Geschichte interessiert: bitte hier lesen.) Andere glauben auch, daß Awajishima diese erste Insel war, sagte die Informationstafel neben der kleinen Brücke, die auf das Inselchen führt. Ja, Esimajima ist eine so wichtige Sehenswürdigkeit, daß man sogar eine englischsprachige Informationstafel für die zahlreichen ausländischen Touristen aufgestellt hat.

Aber viel gibt es dort wirklich nicht. Nach zwei Minuten hatte ich auf Esimajima alles gesehen, bin dann noch ein bißchen am Ufer entlanggewandert. Aber es war wirklich nichts los. Also habe ich die nächste Fähre zurück nach Akashi genommen, bin dort noch kurz im Park spazieren gegangen und anschließend zurück nach Ōsaka gefahren.

Fazit: Awajishima hätte ich mir schenken können, aber ansonsten war es ein toller Tag. Einer meiner Schüler war nach eigenen Angaben als Ingenieur am Bau der Brücke beteiligt. Sollte ich ihn demnächst mal in einer Einzelstunde erwischen, werde ich ihm sagen, wie gut sie mir gefällt.

Donnerstag, September 07, 2006

Die Brücke

Blogger.com spinnt mal wieder und weigert sich, meine Bilder hochzuladen. Eigentlich sollte es an dieser Stelle noch ein paar Bilder von der schönen Brücke und den Bericht über meinen Ausflug zu selbiger am Montag geben, aber wenn das Programm nicht mitmacht ... *seufz*

Darum nur für alle, die es noch nicht gegoogelt haben: die Brücke, von der ich am Montag schon so ein tolles Bild ins Netz gestellt habe, ist die Akashi Kaikyō Ōhashi bei Kōbe. Sie führt über die Straße von Akashi auf die Insel Awajishima, die zweitgrößte Insel der Seto-Inlandsee. Mit einer Gesamtlänge von 3.911 m und einer Mittelspannweite von 1991 m ist sie die längste Hängebrücke der Welt. Und dazu noch wunderschön anzuschauen.

Der weitere Bericht folgt.

Montag, September 04, 2006

Die längste Hängebrücke der Welt


Ist sie nicht wunderschön?

Sonntag, September 03, 2006

Rund ums Museum

Nach dem Museumsbesuch habe ich auf dem Rückweg zur U-Bahn noch ein paar Fotos von der Umgebung gemacht, die ich der Weltöffentlichkeit natürlich nicht vorenthalten will. Ein Spaziergang war es nicht, bei schätzungsweise 35° wird der Aufenthalt außerhalb klimatisierter Räume (Wohnung, Arbeit, U-Bahn, Supermarkt, Museum, Japanischunterricht) auf das absolut notwendigste beschränkt.

Vielleicht lag es am schönen Wetter, vielleicht bin ich nach zehn Monaten auch abgestumpft, aber die Umgebung des Ōsaka Science Museums erschien mir gar nicht so furchtbar häßlich. Jedenfalls nicht so häßlich wie die Straße, in der ich lebe.


Das hier ist noch mal das Kunstmuseum, von dem es neulich nur eine Nahaufnahme zu sehen gab, in seiner ganzen Pracht. Sieht ja wirklich interessant aus (und die Ausstellungsräume befinden sich offenkundig im Untergeschoß). Ich kann mich auch des Eindrucks nicht erwehren, daß der Architekt sich von einem in diesem Land recht beliebten Glücks- und Werbesymbol hat inspirieren lassen ...

Das Ōsaka Science Museum liegt auf einer langgestreckten, schmalen Insel mit dem sprechenden Namen Nakanoshima (= die mittlere Insel), gleich zwischen dem Nord- (Umeda) und dem Südteil (Namba) Ōsakas.


Mitten durch führt die Kreisstrecke des Hanshin Expressways, oder besser gesagt: mitten drüber.


Gebaut wird in der Gegend auch kräftig, da gibt es dann auch für Kranfans was zu sehen (hallo Jakob!).


Moderne Kunst darf nicht fehlen. Und wieder einmal stellt sich die Frage: was will uns der Künstler sagen?


Das hier ist die Brücke mit dem schönen Namen Nishiki-bashi. Nett gemacht, mit den gefliesten Nachbildungen alter oder auf alt gemachter japanischer Malerei, so genau weiß ich das natürlich nicht. Jedenfalls gibt es diese (oder zumindest sehr, sehr ähnliche) Bilder auch als Postkarten zu kaufen.


Immer wieder erstaunlich ist die Fähigkeit der Japaner, auch in der grauesten Betonwüste noch eine grüne Oase zu schaffen, und sei sie noch so winzig. Ist halt alles eine Frage des Blickwinkels. Dahinter geht es jedenfalls in die U-Bahnstation, in Umeda (argh) mußte ich nur einmal umsteigen, und dann war es nur ein kurzer Fußmarsch bis nach Hause und unter die Dusche.

Spät abends gab es ein gewaltiges Gewitter. Es war zwar weit entfernt, aber die Donnerschläge und die vom Himmelstürzenden Wassermassen waren dennoch gewaltig. Ich habe das Spektakel kurz vom sicheren Balkon aus betrachtet, und selbst da wurde ich (etwas) naß. Das gute an dem Gewitter: die Temperaturen sind von unerträglich heiß auf erträglich heiß gesunken. Das darf ruhig so bleiben.