Montag, Oktober 31, 2005

Langersehnte Fotos!!

Seit langem wurden diese Bilder gefordert (hallo Sabine!), et voilà, hier sind sie (eigentlich wollte ich sie ja in genau umgekehrter Reihenfolge präsentieren, habe sie auch in selbiger auf die Webseite geladen, aber ich habe jetzt wirklich keinen Nerv, die mühseligst wieder zu verschieben):

Die (inzwischen halbwegs saubere) Küche, von der Schwelle meines Zimmerchens aus aufgenommen. Das blau-rot-blaue Etwas oben links im Regal ist mein gutes Studentenkochbuch (und wenn ich eines Tages auch wirklich alle nötigen Zutaten im Supermarkt finde, die ich zum Kochen brauche, dann wird es auch nicht bloß zur Zierde da herumstehen).

Unser Gemeinschaftsbereich, der sich nahtlos an die Küche anschließt (hinter den Vorhängen geht es auf den Balkon). Und die junge Dame mit dem Laptop ist Elisa. Der Fernseher hat übrigens ein eingebautes Radio - bringt aber auch nicht viel, denn das japanische Radioprogramm ist genauso bescheuert wie das Fernsehen.

Und das wäre also mein Zimmerchen, zumindest die eine Ecke. Links mein Kleiderständer (der sieht nicht immer so chaotisch aus, ich habe heute bloß gewaschen und die Bügelwäsche erst einmal einfach darüber gelegt), rechts mein Futon. Hinter dem Kleiderständer seht Ihr die Schiebetüren, die in Barbaras Zimmer führen. Was Ihr nicht seht, ist das Sofa, das Barbara auf der anderen Seite vor die Schiebetür gestellt hat.
Ebensolche Schiebetüren führen von meinem bzw. Barbaras Zimmer in die Küche. Diese Türen heißen "fusuma" und bestehen aus dickem Papier, das auf einen Holzrahmen gespannt ist. Mit anderen Worten: sie sind blick-, aber nicht schalldicht.

Sonntag, Oktober 30, 2005

Der lange Marsch zur Bank

Freitag hatte ich frei, und so habe ich den Tag genutzt, um endlich ein Mobiltelefon zu erwerben. Ein neues Certificate of Alien registration habe ich mir am Donnerstag besorgt, und ein Bankkonto hatte ich ja schon am Dienstag eröffnet, allerdings nur mit 100 Yen (der Minimalbetrag, entspricht ca. 75 Cent – ist Deine Frage damit beantwortet, Sabine?). Für alle Fälle wollte ich den Betrag etwas aufstocken und bin deshalb zuerst zur Bank gegangen, um einen meiner Reiseschecks einzulösen und den Betrag dann auf mein Konto einzuzahlen. 10 Pfund hatte ich auch noch von der Reise übrigbehalten.

In der Bank wurde mir mitgeteilt, daß man Reiseschecks nur in einer einzigen Filiale in Osaka eintauschen kann. Na gut, diese Filiale befindet sich in Namba, und da liegen auch das MMC und der mit Nova verbundene Mobilfunk-Laden. Und in meinem Arrival Pack ist ja auch eine Karte der Umgebung des MMC mit vielen Hinweisen auf zahlreiche Geschäfte, Restaurants, Starbucks- und Bankfilialen enthalten gewesen, und diese eine bestimmte Bankfiliale konnte ich auf dem Plan ausfindig machen.

In Namba angekommen, lief zunächst alles glatt: ich habe den richtigen Ausgang aus der Station genommen, bin in die richtige Richtung gegangen – und dann stand ich vor einer riesigen Anlage namens Namba Parks, einer mehrstöckigen Park- und Einkaufsanlage, und wußte nicht mehr weiter. Zuerst habe ich einen der uniformierten Parkhauseinfahrtswächter gefragt („Sumimasen, UFJ doko des ka?“ – Entschuldigung, wo ist UFJ?), der mir zuerst mit einigen fahrigen Gesten und vielen japanischen Worten eine Richtungsbeschreibung gab und schließlich seinen Kollegen zu Hilfe rief, der zwar auch kein Englisch sprach, aber in die selbe Richtung zeigte. Ich sollte also in die Namba Parks hineingehen und da wäre dann UFJ.

Drinnen fragte ich dann eine Verkäuferin an einem der zahlreichen Stände, die wies mich weiter, und so irrte ich denn planlos durch den zweiten Stock der Namba Parks, immer auf der vergeblichen Suche nach der UFJ-Filiale. Zum Glück entdeckte ich nach einer Weile einen Informationsstand, und da gab man mir einen Plan der Anlage und malte den Weg für mich auf. Damit habe ich die Filiale endlich finden können.

Dummerweise handelte es sich dabei um eine bloße Wechselstube, ich konnte also meine 10-Pfund-Note umtauschen und den Reisescheck einlösen, aber ich konnte da kein Geld auf mein Konto einzahlen. Dazu mußte ich zu einer anderen Filiale gehen, die aber Gottseidank leichter zu finden war.

Schließlich waren meine finanziellen Transaktionen erfolgreich beendet, und ich marschierte zur ComStation, dem Mobilfunk-Laden, stellte mich als Nova-Angestellte vor und durfte mir sofort ein Handy aussuchen. Leider nicht das, was ich gerne genommen hätte. Am Montag hatte ich schon festgestellt, daß die Handys von DoCoMo (und fragt mich jetzt BITTE nicht, was das für ein Verein ist!) wesentlich ästethischer aussehen als die von Vodafone. Nur verlangt DoCoMo die Alien Registration Card, die ich mir aber erst in ca. zwei Wochen beim City Ward abholen kann, und ich brauchte das Handy wirklich dringend, um für meinen Arbeitgeber erreichbar zu sein. Also habe ich ein Vodafone-Handy genommen. Metallic blau, wirklich eine schöne Farbe. Nach einer Stunde sollte ich wiederkommen und mein Handy in Empfang nehmen.

Die Zeit habe ich genutzt, um ein wenig bummeln zu gehen, mir die Geschäfte anzusehen - und um endlich das nachträgliche Geburtstagsgeschenk für Sabine zu besorgen!! Ich muß es nur noch abschicken, und das werde ich morgen erledigen.

OJT überstanden

Hurra, das Training ist beendet!! Heute (Samstag) war offiziell mein erster richtiger Arbeitstag, aber tatsächlich mußte ich nur vier Stunden anstelle von acht unterrichten und hatte noch jede Menge Vorbereitungszeit. Und auch wenn ich jetzt wirklich alles alleine machen mußte, hat André doch ab und an vorbeigeschaut und nach dem rechten gesehen.

Donnerstag (dritter Tag OJT) hatte ich wieder einige Stunden und zu Beginn eine weitere „observation“, allerdings live. Ich habe also keine Aufzeichnung vorgespielt bekommen, sondern habe einem Kollegen (Sven) zugesehen, ich war eingeloggt in das System, war aber für die anderen weder zu sehen noch zu hören. Ich habe sehr aufmerksam zugesehen und besonders auf den Language Input (LI), den längsten Teil der Stunde, geachtet, weil das mein größter Schwachpunkt war. Ich habe die Schüler in diesem Teil zu wenig sprechen lassen und statt dessen die meisten neuen Phrasen und Wörter selbst gesagt und sie einfach nachsprechen lassen. Also habe ich bei Sven ganz genau zugesehen, wie er das gemacht hat und mich anschließend bemüht, es zumindest ähnlich zumachen.

Was mir auch ganz gut gelungen ist. Am Ende des Tages hat André mir eine Art Zeugnis gegeben, in dem jeder einzelne Aspekt der Arbeit benotet und kommentiert wurde. Es gibt fünf Noten, und weil bei Nova alles auf Englisch läuft, wird mit Buchstaben benotet. Harry-Potter-Leser werden das System kennen (aber „T“ für „Troll“ gibt es hier natürlich nicht!!).

Die beste Note ist „E“ und steht für „excellent“, dann kommen „G“ (good), „S“ (satisfactory), „B“ (basic) und schließlich „W“ (weak). Ich habe zweimal die Note „W“ bekommen, für „Awareness of students needs“ und „Student file comments“. Das ist normal, diese Noten bekommt jeder am Anfang, denn das ist eine Sache der Erfahrung. Viermal „B“, fünfmal „S“ und sogar zweimal „G“, für „Lesson enjoyment“ (ich bin freundlich zu den Schülern/Kunden, die fühlen sich wohl) und „Self-analysis“ (weil ich mich – sagt André – während des Trainings enorm gesteigert habe und mich immer bemüht habe, Kritik und Anregungen umzusetzen).

Da kann ich anscheinend echt stolz drauf sein, denn abends, als wir alle fertig waren, haben wir Trainees uns bei „Murphys“ getroffen, einem Irish Pub in der Nähe des MMC, um die Tatsache zu feiern, das Training überstanden zu haben. Jedenfalls haben wir dann irgendwann auch angefangen, unsere Ergebnisse zu vergleichen, und da stellte sich heraus, daß ich die einzige aus der Gruppe war, die ein „G“ bekommen hat. Ich hatte den anderen gegenüber aber auch den großen Vorteil, den Trainer für mich alleine zu haben, alle anderen wurden in Zweier- oder sogar Dreiergruppen trainiert.

Als ich heute zur Arbeit kam, mußte ich zuerst einen kleinen Multiple-choice-Test machen, in dem noch einmal abgefragt wurde, ob ich auch weiß, wie ich mit der Technik umzugehen habe und wie ich mich verhalten soll, wenn etwas mal nicht so funktioniert wie es eigentlich sollte. Dreißig Fragen, 88 % richtig (scheint wieder ein ziemlich gutes Ergebnis gewesen zu sein). Allerdings: das war ja nur die Theorie. In der Praxis habe ich mich heute wirklich dämlich angestellt: das Headset falsch angeschlossen (das Kabel für das Mikro in den Stecker für Kopfhörer und umgekehrt), mich einmal zu spät in die Kameraverbindung eingewählt (30 Sekunden vor Beginn der Stunde – das ist entschieden zu wenig, denn wenn die Verbindung steht, kommt erst ein nerviger kleiner Nova-Werbefilm, den man einfach nicht stoppen kann, und währenddessen saß mein Schüler (es war eine Einzelstunde) hilflos vor dem Bildschirm und rief „Hallo! Hallo!“ – peinlich, peinlich...). Ich war wohl einfach nervös, jetzt, wo André nicht mehr danebenstand oder zumindest von einer anderen Bude aus zusah und mir im Zweifelsfall helfen konnte. Meine Stunden am Donnerstag liefen irgendwie auch besser. Na ja, im Verlauf der nächsten Woche habe ich ja jede Menge Zeit, mich an das ganze zu gewöhnen. Ich wird’s schon schaffen.

Mittwoch, Oktober 26, 2005

OJT - second day

Heute hatte ich also meine allererste reale Unterrichtsstunde mit richtigen Schülern. Und die zweite reale Stunde folgte dann auch kurz darauf.

Zunächst hat mich André aber noch weiter mit den Feinheiten der Technik bekannt gemacht. Und zwar: wie logge ich mich ein, und wie checke ich mich ein. Das sind durchaus zwei verschiedene Dinge, zumindest wenn irgendein technisches Problem auftaucht und ich den Technical Support rufen muß.

„Einloggen“ bedeutet: ich melde mich mit meiner Instructor-ID und meiner persönlichen PIN-Nummer (die wir uns zum Glück selber aussuchen dürfen, also kann man was nehmen, was man nicht so leicht vergißt) in dem Computersystem an und erhalte so Zugang zu meinem persönlichen Stundenplan samt den Infos über die Schüler.

„Einchecken“ bedeutet: ich stelle die Verbindung zu dem Videosystem her, das den Fernunterricht überhaupt erst möglich macht (kleine Info nebenbei: ich hatte heute Schüler aus Tokio und Yokohama).

Wenn ich meinen Stundenplan einsehe, kann und muß ich mir auch ansehen, wer meine Schüler sind, erhalte Einblick in eine Übersicht ihrer letzten Stunden (welche Lektion mit welchem Thema wurde durchgenommen, war die Lektion komplett, wie haben sich die Schüler geschlagen, welche Kommentare haben die früheren Lehrer hinterlassen etc.). Es ist das Prinzip von Nova, daß jeder lernen kann, wann er dazu Lust und Zeit hat. Also kann man morgens anrufen und sagen „hallo, ich möchte heute Deutsch lernen, ist noch was frei?“, und dann heißt es vielleicht „ja, um 19:30 ist noch ein Platz frei“. Deswegen muß man regelmäßig überprüfen, ob der Stundenplan, den man zu Beginn seiner Schicht eingesehen hat, nach ein paar Stunden immer noch aktuell ist. Das bedeutet aber auch: die Zusammensetzung der Gruppen ändert sich ständig, man muß nachsehen, welche Lektionen noch keiner der drei Schüler absolviert hat, und wie das Niveau der Schüler ist.

All das hat André mir erklärt, ich habe aufmerksam und interessiert zugehört, und dann gefragt, wieviel Zeit mir nach einer Stunde bleibt, um die ganzen Infos und Bewertungen in den Computer einzugeben. Zwei Minuten. Deshalb muß man schon während der Stunde möglichst viel eingeben, um hinterher die Bude schnell zu räumen, denn man kann nicht damit rechnen, mehrere Stunden hintereinander in derselben Bude zu sitzen. Und jede Pause zwischen zwei Stunden (à 40 Minuten) dauert nur zehn Minuten. *Kinnlade unten*

Nachdem ich mich von diesem Schreck erholt hatte, haben wir uns mit der Vorbereitung meiner ersten Stunde beschäftigt (hatte ich schon erwähnt, daß ich nach Beendigung des Trainings immer nur wenige Minuten Vorbereitungszeit habe?).

Nachdem ich gestern eine absolute Anfängerin unterrichtet hatte, waren meine ersten Schüler heute schon weit fortgeschrittene Anfänger. Eine davon sogar sehr weit fortgeschritten und mit einem großen Wortschatz. Die würde also immer mein erstes „Opfer“ werden, wenn es darum gehen sollte, das Prinzip eines Rollenspiels zu erklären, um den anderen zu demonstrieren, was sie als nächstes tun sollten.

Als Thema hatte ich mir „Wegbeschreibungen“ ausgesucht (mein Lieblingsthema (har, har) im Polnischunterricht), und die Stunde lief erstaunlicherweise sogar ziemlich gut. Besonders beeindruckt war André von meinem Timing, da hat jeder Teil genauso lange gedauert, wie es im Handbuch steht. Die Einführung des neuen Wortschatzes lief ein bißchen chaotisch ab, aber ich habe es zwischendurch selbst gemerkt und noch rechtzeitig die Kurve gekratzt. Den etwas schwächeren Schüler habe ich auch gut einbinden können.

Es war wirklich Glück, daß meine erste Gruppe so gut war und alles so gut gelaufen ist, denn mit der zweiten Gruppe war es eine echte Katastrophe. Daß es schwierig werden würde, hatte ich schon bei der Vorbereitung auf die Stunde realisiert, denn ein Schüler hat schon sehr lange auf diesem Level gelernt und in den früheren Stunden sehr positive Einschätzungen erhalten, während die anderen beiden gerade mal auf dieses Level gekommen waren.

Diese beiden haben mich kaum verstanden, und wenn ich sie immer gefragt habe, „ist alles o.k.?“, um herauszubekommen, ob sie alles verstanden hatten, haben sie manchmal auch gesagt, daß alles klar wäre, während sie in Wirklichkeit nichts kapiert hatten. Deshalb hat der Language Input viel länger gedauert als geplant, den kurzen Teil mit dem Hörverstehen habe ich deshalb auslassen müssen (wie gut, daß André mir den Tip vorher noch gegeben hatte!!!), und bin von da aus gleich zur Application, dem Anwenden des Gelernten, übergegangen, wobei ich den beiden wieder viel helfen mußte, z.B. indem ich ihnen die Fragen oder Antworten vorgegeben habe. Der dritte im Bunde tat mir echt leid, er hätte viel mehr lernen können, aber er kam auch von sich aus mit anderen Antwortmöglichkeiten und hat von mir ein paar Extravokabeln bekommen.

André meinte hinterher, die Gruppe wäre wirklich schwierig gewesen, aber ich hätte das auch ganz gut hingekriegt. Um zu merken, wann ein Schüler nur vorgibt, etwas verstanden zu haben, weil er sich nicht traut, fehle mir einfach die Erfahrung, und mit der Zeit würde ich das schon lernen. Mein Timing war wieder sehr gut, den kurzen Hörteil wegzulassen war genau richtig.

Trotz des Lobes: ich bin froh, daß das nicht meine erste Stunde heute war, denn das hätte mich arg entmutigt. So sehe ich das ganze schon viel gelassener.

Morgen habe ich nur noch ein bißchen Vorbereitungszeit (aber ich bin heute ja auch immer früher damit fertig gewesen) und drei Unterrichtsstunden. Zwei davon direkt hintereinander mit Budenwechsel. Streß pur. Und eine Gruppe ist schon ziemlich weit fortgeschritten.

Zuerst habe ich aber noch eine Observation, d.h. ich sehe einem Kollegen bei der Arbeit zu, und diesmal nicht auf DVD, sondern live.

Dann ist mein Anfangstraining beendet, und ab Samstag (Freitag dürfen wir Neuen uns alle noch einmal ausruhen) wird es dann richtig ernst. Weitere Trainingseinheiten folgen, aber wann die stattfinden, erfahre ich erst morgen.

Dienstag, Oktober 25, 2005

OJT - first day

Ja, inzwischen ertappe ich mich wirklich dabei, wie ich manches schon gleich auf Englisch denke. Ein gutes Zeichen. Wenn ich allerdings eine längere Zeit nur Deutsch gesprochen habe, ist mein Englisch hinterher wieder so was von grottenschlecht...

„OJT“ bedeutet übrigens „on the job training”, nur zur Erläuterung meiner heutigen Überschrift.

Ich mußte zwar erst um 12:30 zur Arbeit erscheinen, aber ich bin trotzdem früher aufgestanden als an den Tagen zuvor, denn ich wollte ja vorher noch zur Bank, und das wichtigste von allem: meine Zeitung ist da!!! Frühstückslektüre gesichert! Gestern abend waren gleich zwei Exemplare meiner innigst geliebten FAZ da (sollte ich von denen einen Preisnachlaß verlangen, wegen der Werbung?), die von Mittwoch und Donnerstag. Nicht mehr so ganz taufrisch, aber Hauptsache, ich bleibe einigermaßen auf dem laufenden. Und da geht eben nichts über eine ordentliche Tageszeitung. Heute kam übrigens die von Samstag – wo ist die Freitagsausgabe abgeblieben?!

Auf der Bank lief alles ganz unkompliziert. Eine Filiale der UJB ist nur ein paar Schritte von meiner Wohnung entfernt, ein Antrag auf Kontoeröffnung samt Anweisung zum Ausfüllen war in dem Arrival pack enthalten, es hatte ja nur noch der hanko gefehlt.

Beim Betreten der Bank wurde ich gleich von zwei Bankangestellten begrüßt, die im Eingangsbereich rumstehen und deren einzige Aufgabe darin zu bestehen scheint, die eintretenden Kunden zu begrüßen und ihnen evtl. zu erklären, wo sie hingehen müssen.

In meinem Fall sah das nun so aus, daß ich beim Eintreten sofort unzweifelhaft als Ausländerin (und warum erkennt die Rechtschreibprüfung jetzt dieses Wort nicht?!), und bei der Begrüßung auch gleich als des Japanischen nicht mächtige Ausländerin erkannt wurde. Daraufhin holte die erste der beiden Damen einen Handzettel hervor, auf dem in Englisch und Japanisch die verschiedenen Gründe verzeichnet waren, dessentwillen Leute im Allgemeinen eine Bank betreten. (Ob sich auch „Hände hoch, dies ist ein Überfall!“ in der Liste befand, habe ich nicht nachgesehen. *zwinker*) Ich mußte nur auf „account opening“ zeigen, und daraufhin zog die zweite Dame für mich eine Nummer und bedeutete mir, ich möge solange Platz nehmen, bis meine Nummer aufgerufen würde. Die andere wollte mir ein Antragsformular geben, aber ich hatte ja schon eines.

Als ich dann dran war (dauerte keine fünf Minuten), ging ich also zu dem entsprechenden Schalter, erklärte, ich wolle ein Konto eröffnen und holte alle nötigen Unterlagen hervor, als da wären: Reisepaß, Alien registration certificate, Antragsformular und hanko, wie auf dem Infoblatt von Nova beschrieben.

So ganz vollständig ausgefüllt war der Antrag dann aber doch nicht, aber das waren Dinge, die auf dem Infoblatt unmöglich Platz gefunden hätten. So mußte ich zum Beispiel noch mein Geburtsdatum angeben – und zwar nach dem japanischen Kalender! Monate und Tage sind da identisch mit unseren, aber die Jahreszahlen variieren. Die sind da in irgendeinem Rhythmus, der sich immer wieder wiederholt. Gegenwärtig schreiben wir, meine ich vor einigen Tagen irgendwo gelesen zu haben, mal wieder das Jahr 13, und mein Geburtsjahr ist 53.

Das Mädchen, das meinen Antrag bearbeitet hat, war wahnsinnig nett. Sie sprach auch ein bißchen Englisch, und ihre japanische Frage, ob ich Deutschlehrerin für Nova sei, konnte ich auch beantworten (dazu reicht mein Japanisch). Richtig begeistert war sie aber, als sie das Infoblatt von Nova sah, daß ich zur Sicherheit vor mir liegen hatte. Davon wollte sie gerne eine Kopie machen (logo, damit kann man jedem Ausländer, ob nun von Nova oder nicht, erklären, wie man seinen Antrag auszufüllen hat, und wie die Prozeduren so ablaufen, wann man seine Geldkarte bekommt etc.), was ich ihr natürlich erlaubt habe. Man hilft sich doch, wo man kann.

Danach mußte ich nur noch eine Weile warten, bis ich mein Sparkassenbuch in Empfang nehmen konnte, und danach konnte ich gehen. Irgendwann in zehn Tagen bekomme ich dann meine Geldkarte.

Danach bin ich nach Namba gefahren, habe da erst etwas gegessen und bin dann ins MMC gegangen, habe meine Karte abgestempelt und dann gewartet, bis mich irgend jemand abholt. Pünktlich um 12:30 erschien dann auch André, mein persönlicher Trainer, ein Leipziger, der sich sein Sächsisch mühsam abtrainiert hat, wie er mir später erzählte. Das ist der Vorteil, wenn man der bzw. die einzige Deutsche unter den Neulingen ist – alle anderen werden in Zweier- oder gar Dreiergruppen eingearbeitet.

Schritt 1: André zeigte mir meinen persönlichen „locker“, ein kleines Schließfach, das sich zwar nicht abschließen läßt, aber trotzdem so genannt wird. Darin kann man ein paar persönliche Dinge unterbringen. Zum Beispiel dürfen wir im MMC Schlappen tragen (um den kostbaren Bodenbelag zu schonen), weil die „Kunden“ von uns ja eh nur Gesicht und Schultern zu sehen bekommen. Ich habe heute kurzerhand ein Paar der abgrundtief häßlichen Slipper mitgenommen, die zur Wohnungseinrichtung gehören, weil ich zuhause eh meine eigenen Schlappen benutze, und bevor ich die immer zur Arbeit mit- und wieder zurückschleppen muß, kann ich auch die häßlichen Teile nehmen, die sonst auch nur im Schrank rumgestanden hätten. Wenn ich nicht arbeite, kann ich da auch mein persönliches Headset lassen.

Schritt 2: Einführung in die Technik. Alle Lehrmaterialien sind online, es gibt „Flashcards“ (kleine lustige Bildchen, um unbekannte Wörter zu illustrieren), Sounds, man kann Sätze oder Wörter eintippen und sie den Schülern einblenden, es gibt ein Whiteboard, wo man mit einem speziellen Stift Wörter oder Sätze handschriftlich notieren und auch mal eine kleine Zeichnung machen kann (funktioniert so ähnlich wie früher diese Zauberbilder oder wie die Dinger hießen, Ihr wißt schon, ein Wisch, und alles ist weg). Das wurde mir zuerst erklärt, dann durfte ich selber alles mal ausprobieren.

Schritt 3: Einführung in die Lehrmethode von Nova, zunächst theoretisch: Levels, Einstufung der Schüler, Unterrichtsabschnitte. Danach habe ich eine Stunde auf DVD vorgespielt bekommen, die Robin (der Typ von gestern) irgendwann mal gehalten hat. Anschließend habe ich anhand dieser Stunde die einzelnen Abschnitte einer Unterrichtseinheit erklärt bekommen.

Schritt 4: Wir sind eine andere Lektion Schritt für Schritt durchgegangen, zuerst hat André mir vorgespielt, wie er den Unterricht gestaltet, dann war er mein „Schüler“, und ich mußte ran. Jeder einzelne Schritt wurde kurz besprochen, was für Varianten man einbauen kann, wie man bestimmte Phrasen auch anders erklären könnte usw.

Schritt 4: Sorgfältige Vorbereitung meiner allerersten Stunde (Thema: „Ich mag...“; „Mögen Sie...?“), die ich anschließend auch halten mußte. Zum Glück war das noch keine „richtige“ Stunde, sondern nur eine one-to-one Übungsstunde mit einem japanischen Mitglied der Belegschaft, Nana, für die das ebenfalls die allererste Deutschstunde ihres Lebens war. Was war ich nervös!!!

André hat mir vorher noch gesagt, daß er von mir von dieser allerersten Stunde nur drei Dinge erwartet: erstens, daß ich durchhalte und nicht mitten in der Stunde panisch aus meiner Box (booth) renne (soll wohl tatsächlich schon vorgekommen sein), daß ich keinen der Arbeitsschritte auslasse, und daß ich in jedem mindestens eine „activity“ bringe.

Das lief dann so ab: Nana kam drei Minuten zu spät, das Whiteboard in der betreffenden Box funktionierte nicht, so daß ich die weglassen mußte, ich war fürchterlich nervös, Nana hat mich nicht immer verstanden, am Anfang habe ich vergessen, ihr das Bild, daß ich ihr zeigen wollte, zuzuschalten – aber ich habe durchgehalten und bin nicht schreiend aus meiner Box gestürmt. Ich fand mich grauenhaft.

André meinte, für das erste Mal sei es wirklich gut gewesen, und ich würde das schon schaffen. Das hat mich nur solange beruhigt, bis mir wieder einfiel, daß das ständige Loben der Schüler ja zum Unterrichtsprogramm gehört (man darf die Leute schließlich nicht entmutigen)...

Morgen geht es weiter mit den Feinheiten der Technik, und dann werde ich zum allerersten Mal auf echte Schüler losgelassen. Au weia!

Zwischendurch gab es natürlich auch Pausen, und in der „Mittagspause“ zwischen 16:00 und 17:00 habe ich es tatsächlich geschafft, in einem Buchladen in Namba Station das winzige Regal mit englischsprachigen Büchern ausfindig zu machen (Barbara ist eben aus allen Wolken gefallen, sie war felsenfest davon überzeugt, daß es da gar keine nicht-japanischen Bücher gebe). Das muß Instinkt sein. Jedenfalls habe ich 1.380 Yen für ein englisch-japanisches Buch ausgegeben: „Recipes of Japanese Cooking“, mit einer schönen Einführung in die japanische Küche und die dazugehörige „Hardware“ (Küchengeräte und Zutaten). Auch der korrekte Gebrauch der Eßstäbchen wird da erklärt. Na denn...

Montag, Oktober 24, 2005

Orientation

Heute war also der große, mit Spannung (und viel Bammel, ich geb’s ja zu) erwartete Tag: Orientation!

Veranstaltungsort war das Nova-Hauptquartier in Ōsaka-Namba, Mitten im Zentrum der Stadt mit vielen Einkaufsmöglichkeiten ringsum. Das Multimediazentrum (MMC) befindet sich ebenfalls dort.

Um 13:30 sollte es losgehen, aber wer die Gelegenheit nutzen wollte, ein Handy auf ganz unkomplizierte Weise zu bekommen, sollte eine halbe Stunde eher dort erscheinen. Was wir – also Angelica, Elisa und ich – auch getan haben. Angelica hat allerdings noch keine Kreditkarte und konnte somit heute noch kein Handy erwerben. Dennoch sind wir gemeinsam hingefahren, denn Elisa ist immer noch etwas angeschlagen und wollte deshalb lieber mit dem Taxi zum MMC fahren, und wir anderen beiden haben aus Solidarität beschlossen, mit ihr zu fahren und die Kosten für das Taxi zu teilen.

Nachdem wir also so ganz hochherrschaftlich mit dem Taxi vorgefahren waren, sind wir mit einem der Aufzüge ins 19. Stockwerk des Kintetsu Shin-Namba Building gefahren, von dem Nova die Stockwerke 13 bis 20 belegt (das wird toll, wenn ich das erste Mal alleine mit einem dieser Dinger fahren muß... aber das schaffe ich beim besten Willen nicht zu Fuß). Dort bekam jeder noch einmal einen Haufen Papier in die Hand gedrückt, aber einiges durften wir ja auch abgeben, z.B. die Steuererklärung, die Inventarliste der Wohnung und den von uns unterschriebenen Mietvertrag (den wir wenig später von dem zuständigen Nova-Mitarbeiter unterschrieben zurückbekamen). Wir haben unsere Arbeitsverträge unterzeichnet, und zwischendurch ein Handy samt zugehörigem Vertrag ausgesucht und den entsprechenden Antrag ausgefüllt.

Und jeder hat seinen persönlichen hanko bekommen, einen kleinen Namensstempel. Die sind sehr klein und haben etwa den Durchmesser eines dickeren Bleistifts. Bei den Japanern ist das kein Problem, die schreiben ihre Namen in Kanji (die chinesischen Zeichen), da reicht der Platz für. Bei den langen Namen der Ausländer ist das nicht so einfach, die werden in Katakana (der Silbenschrift für Lehn- und Fremdwörter) geschrieben und brauchen etwas mehr Platz. Also steht auf meinem hanko „Ute“ in Katakana, und auf Elisas „Elisa“. Ich habe vergessen, Angelica zu bitten, mir ihren mal zu zeigen, ich wüßte doch gerne, wie sie das Platzproblem gelöst haben...

Mit zehn Minuten Verspätung ging es dann los: ein Vortrag über Nova, über das Leben in Japan und das Unterrichten bei Nova. Im Prinzip nichts neues, das hatten wir alle schon so ähnlich bei dem Interview samt Informationsseminar vorgetragen bekommen, es steht alles auch in den Broschüren drin, die wir von Nova bekommen haben, aber gut. Wahrscheinlich müssen die das so machen, denn es schließlich gibt es in jeder Gruppe mindestens einen Idioten, der das infomaterial immer noch nicht gelesen hat oder meint, er selbst könne damit gar nicht gemeint sein.

Wir waren insgesamt wohl etwas über zwanzig neue Instructors, darunter vier Italiener und eine Deutsche. Alle anderen kommen aus dem angelsächsischen Sprachraum, also Großbritannien, USA, Kanada und Australien.

Etwas mehr als die Hälfte von uns wird im MMC arbeiten, und wir gingen dann nach der allgemeinen Einführung ein paar Stockwerke tiefer. Dort sollten wir alle uns zunächst einmal vorstellen, Vorname und Herkunftsland (es waren zwei da, die anstelle von „USA“ „New York“ sagten – es scheint also zu stimmen, was ich bislang so über New York gehört und gelesen habe: New York ist nicht Amerika!).

Die Einführung für die neuen MMC-Mitarbeiter haben sich ein Mitarbeiter der Personalabteilung und einer der Assistant Trainer geteilt. Letzterer heißt Robin und entpuppte sich als einer der knapp 30 Deutschen, die im MMC beschäftigt sind (das kam raus, als er nach dem einen „German trainee“ fragte und mich dann gleich auf Deutsch begrüßte). Wir wurden ein wenig durch das Gebäude geführt, bekamen das System mit den Zeitstechkarten erklärt und weiteres Material in die Hand gedrückt, das wir allerdings nach dem Training wieder abgeben müssen/dürfen.

Außerdem bekamen wir noch ein Broschüre über Sicherheit am Arbeitsplatz in die Hand, wo es hauptsächlich um das richtige Verhalten bei Erdbeben geht und wo die Sammelplätze sind, falls es mal wirklich ganz gewaltig krachen sollte. Ansonsten ist das Gebäude des MMC erdbebensicher, im Falle eines Erdbebens einer der sichersten Plätze in Ōsaka. Es wurde zwar es nach dem verheerenden Erdbeben in Kōbe gebaut, aber es hätte dieses Erdbeben einigermaßen unbeschadet überstanden. Wie schön, dachte ich, daß ihr das also auch tatsächlich schon in der Praxis ausprobiert habt. Weiter hieß es, daß ein Erdbeben in den höheren Stockwerken weniger ruckartig zu spüren sei, vielmehr gerate das Gebäude in Schwingungen und würde hin- und herpendeln. Die einzige Gefahr bestünde darin, seekrank zu werden, also „don’t worry and just keep teaching“. Wie schön. Ich will bloß nicht in einem dieser verdammten Lifte stecken, wenn das Gebäude zu wackeln oder schwingen oder was weiß ich anfängt.

Hinterher konnten wir dann in die Personalabteilung gehen und unsere Handys abholen (d.h. alle, die eins bestellt hatten). Nur meins war nicht da. Die Leute von Nova erklärten mir, irgend etwas hätte mit meiner Kreditkarte nicht geklappt und ich müßte in den Laden gehen und das da regeln. Na super, da hat Ute es wieder einmal geschafft, sich bei ihrer Kartennummer zu vertun. Zum Glück war es nicht weit, die Wegbeschreibung brauchbar und Angelica ist auch mitgekommen (weil wir hinterher gemeinsam mit der U-Bahn zurückfahren wollten, um die reguläre Strecke zumindest einmal abgefahren zu sein, bevor es dann ab morgen richtig ernst wird; Elisa ist wieder mit dem Taxi zurückgefahren).

In dem Laden war dummerweise keine von den beiden Frauen mehr zu sehen, die mittags die Bestellungen aufgenommen hatten. Ärgerlich, denn die zwei sprachen Englisch. Der Verkäufer, den ich da erwischt hatte, sprach nur ein rudimentäres Englisch. Aber immerhin habe ich dann doch verstanden, was das Problem war. Die wollten meine Kreditkarte nicht, weshalb auch immer. Der Verkäufer hat mir dann erklärt, daß ich erst ein Konto bei einer japanischen Bank eröffnen müsse und dann mit Paß, Alien registration certification (das bedeutet, daß ich noch mal zum Ward office latschen darf, weil man dieses Zertifikat nur für einen einzigen Zweck benutzen darf du ich meines ja brauche, um ein Bankkonto eröffnen zu können – blödes System!), mein Sparbuch etc. mitnehmen muß. Ärgerlich, extrem ärgerlich. Na ja, morgen muß ich sowieso erst einmal mein Bankkonto eröffnen, und wenn ich dann wieder bei Nova bin, werde ich die mal um Rat fragen. Elisa meinte jedenfalls, als ich dann später wieder zuhause war, ich solle es einfach in einem anderen Laden oder sogar in einer anderen Filiale versuchen, manchmal würden sich die Leute halt etwas anstellen. Wie gesagt, ich frage morgen bei Nova noch einmal nach.

Mein Arbeitsplan sieht jetzt folgendermaßen aus:

Dienstag bis Donnerstag 12:30 AM – 8:10 PM Training
Freitag day off
Samstag, 29.10.2005: mein erster regulärer Arbeitstag!!!!

Elisa hat Pech: ihr Training beginnt schon um 7:30, und Angelica muß um 10:00 hin.

Ab Samstag sieht meine Woche dann so aus:

Sonntag: 3:00 PM – 10:20 PM
Montag: off
Dienstag: off
Mittwoch: 10:50 PM – 2:55 PM
Donnerstag: 3:10 PM – 10:40 PM
Freitag: 6:40 PM – 10:40 PM
Samstag: 3:10 PM – 10:40 PM

Daß ich abends erst so spät nach Hause komme, ist natürlich nicht so toll, aber immerhin habe ich keine Nachtschichten und schließlich gibt es auch für die Abendschichten eine hübsche Zulage, wenn die Probezeit erst einmal vorbei ist. Das wird am letzten Tag des Jahres der Fall sein. Dann bekomme ich auch etwas mehr Geld (26.000 Yen Schichtzulage und 5.000 Qualifikationszulage – das ist halt der Vorteil, wenn man noch einen ordentlichen deutschen Hochschulabschluß, einen anständigen Magister Artium, anstelle eines bolognisierten Abschlusses hat. Elisa wartet noch auf ihr Master-Zeugnis, damit sie auch diese Zulage bekommen kann. Schichtzulagen wird es für sie vorerst nicht geben, die arme hat lauter Frühschichten erwischt.

Angelica und ich haben in der Oktoberausgabe von „Kansai Time Out“, einer englischsprachigen Zeitschrift mit Kulturterminen und ähnlichem im Anzeigenteil eine Anzeige einer Amnesty International-Gruppe entdeckt, in der Englisch gesprochen wird und die sich jeden zweiten Sonntag trifft. Hoffentlich nicht abends oder nachmittags (was allerdings ziemlich unwahrscheinlich ist), denn diese Gruppe wäre eine ideale Gelegenheit, andere Leute außerhalb von Nova kennenzulernen und gleichzeitig ein bißchen soziales Engagement zu zeigen und über Politik zu diskutieren. Schichtwechsel sind nämlich erst nach Ablauf der Probezeit drin. Immerhin habe ich denen schon mal eine Email geschickt.

Und jetzt kann ich mich ja auch um Sprachkurse kümmern, ich muß dringend mehr Japanisch lernen, sonst bin ich hier echt aufgeschmissen!

Und dieser Post ist schon wieder so wahnsinnig lang geworden...

Sonntag, Oktober 23, 2005

Papierkram, Teil 5

Was liegt an, wenn man an eine neue Wohnung bezieht, egal ob im In- oder Ausland? Richtig, Papierkram. In meinem Fall ist damit zuerst die Registrierung bei der zuständigen Behörde, dem Yodogawa City Ward, gemeint („gawa“ – heißt übrigens „Fluß“, und „Yodogawa“ ist das Viertel am Yodo). Wie man da hin kommt, stand alles mit in den Infos, die ich bei meiner Ankunft am Flughafen in die Hand gedrückt bekommen hatte. Barbara hatte Donnerstag und Freitag ihre „days off“ und bot mir an, mit mir den Weg zu zeigen. Sie selbst hatte keine genauen Informationen über die Lage des Ward Office, weil sie vorher sieben Monate in einer anderen Stadt (ich habe den Namen schon wieder vergessen, es war westlich von Hiroshima) für Nova gearbeitet hat und erst vor drei Wochen umgezogen ist. Ich wollte sie aber nicht von ihrer Freizeitbeschäftigung abhalten und habe daher gesagt, daß ich selbst versuchen würde. Außerdem hatte ich mich schon mit Angelica verabredet, und zu zweit würden wir uns schon durchschlagen, und so schwer könnte das ja schon nicht sein.

Von wegen! Erst mal machte Angelica auch nach mehrmaligem Klingeln nicht auf. Na ja, ich dachte, sie wäre noch mal einkaufen gegangen (wir hatten am Abend vorher schon den benachbarten „Family Wart“ zwecks Frühstücksbeschaffung aufgesucht) und bin meinerseits einen Teil der Straße einmal auf und ab gegangen, um nachzusehen, was es hier so an Geschäften in unmittelbarer Umgebung gibt.

Nach einer guten Stunde habe ich es dann erneut versucht, aber sie machte immer noch nicht auf. Daraufhin habe ich ihr einen Zettel in den Briefschlitz getan und bin allein losgezogen. Zunächst brauchte ich noch Paßbilder (einerseits hätte ich es mir denken können, daß ich so was noch hätte mitnehmen müssen, aber andererseits hatte Nova mir eine Liste geschickt, und von Paßfotos war da keine Rede gewesen – außerdem hatte ich denen ja schon genug Paßbilder schicken müssen, und irgendwo müssen die ja auch gelandet sein), aber in dem Infomaterial stand, daß man Paßfotos an allen größeren Bahnhöfen und U-Bahnstationen bekommen kann. Und zum Bahnhof mußte ich ja eh (Shin Ōsaka ist sowohl Bahnhof als auch U-Bahnstation). Zum Glück hatte ich mein kleines Wörterbuch dabei, denn als ich den Eingang der Station endlich wiedergefunden hatte, war weit und breit kein Paßbildautomat oder ähnliches zu sehen. Also bin ich zu dem kleinen Zeitschriftenstand gegangen, habe mein Wörterbuch aufgeschlagen und zu der Verkäuferin „sumimasen (Entschuldigung), shōmeisho-yō shashin (Paßbild)“ gesagt, auf den entsprechenden Eintrag im Wörterbuch gezeigt und bekam als Antwort einen ganzen japanischen Redeschwall, von dem ich nichts, aber auch wirklich gar nichts verstanden habe. Die Frau zeigte allerdings in Richtung der Schranken, also ging ich da hin und entdeckte einen Wärter, der aufpaßte, daß niemand ohne Ticket die eigentliche U-Bahnstation betrat. Dem sagte ich wieder meine zwei japanischen Worte auf. Auch hier wurde ich wieder von einem Schwall japanischer Wörter überschüttet, aber anhand seiner Gesten konnte ich erkennen, daß er Richtung Ausgang zeigte. Da habe ich schnell die Karte von der Umgebung meiner Wohnung herausgeholt, und dann habe ich ziemlich schnell herausbekommen, daß ich zum Nissai-Building gehen mußte, das sich direkt neben der Station befindet. Im Nissai-Building hat es wieder eine Weile gedauert, bis ich zum richtigen Laden gewiesen wurde, in dem dann auch wirklich ein Paßbildautomat stand. Die nette Verkäuferin hat mir auch geholfen, die Menüführung dieser Wundermaschine auf Englisch zu stellen, und nach ca. zehn Minuten hatte ich meine Paßbilder (furchtbar sehe ich darauf auf, aber das ist bei Paßbildern ja nichts ungewöhnliches).

Nachdem ich das endlich geschafft hatte, bin ich schnurstracks in die Wohnung zurückgekehrt, um Barbara zu fragen, ob sie mit mir zum ward Office gehen könne, und glücklicherweise war sie einverstanden. Das war eine kluge Entscheidung von mir, denn allein schon die Ticketautomaten hätten mich wahnsinnig gemacht. Eigentlich ist das System ja denkbar simpel, aber wenn man kein Japanisch kann, ist es besser, man bekommt es einmal gezeigt.

Also: man sieht auf den Streckenplan, den es immer auch in einer Version mit lateinischen Buchstaben gibt, sucht die gewünschte Station raus. Dabei steht immer der Preis für eine einfache Fahrt in diese Richtung. Wir mußten zuerst zur Umeda-Station fahren, was 230 Yen kostet. Dann geht man zum Automaten, wirft entweder einen Schein oder Münzgeld ein, dann leuchten ein paar Knöpfe auf, und man drückt auf den, der den Betrag für die gewünschte Strecke anzeigt. Dann spuckt der Automat sofort das Ticket und evtl. das Wechselgeld aus. Fertig. Wie gesagt, höchst simpel, aber man muß es auch erst einmal wissen.

In Umeda angekommen, mußten wir auf eine andere Linie umsteigen, und nach Jūsō fahren. Von dieser Station aus waren es nur noch fünf Minuten zu Fuß zum Ward Office.

Dort angekommen, mußte ich zum Schalter für „Foreign residents“ gehen, um mich anzumelden und mir ein „Certificate of alien registration“ ausstellen lassen. Dazu brauchte ich meinen Paß (logo) und zwei Paßbilder. Außerdem hatte mir Nova eine Adreßkarte mit meiner Adresse auf Englisch und Japanisch sowie der Adresse und Telefonnummer der Personalabteilung von Nova (meinem Arbeitgeber) mitgegeben. Nachdem ich bzw. der(sehr nette!!) Beamte alles ausgefüllt hatte, mußte ich noch fünfzehn Minuten warten, bis das Certificate of alien registration ausgefüllt war. Das brauche ich, um ein Bankkonto eröffnen zu können. Bislang bin ich nur vorläufig registriert, für meine endgültige Registrierung muß ich zwischen dem 8. und 15. November noch einmal dort erscheinen.

Danach fuhren wir wieder zurück, und Barbara brach kurz danach auf, um ins Schwimmbad zu gehen, während ich mich auf die Suche nach einem etwas größeren Supermarkt als dem mickrigen Family wart machte.

Am nächsten Vormittag (Freitag) machte ich mich alleine auf den Weg nach Umeda, weil dort im 35. Stockwerk des Umeda Sky Building das deutsche Generalkonsulat in Ōsaka befindet und ich mich dort ebenfalls anmelden wollte. Unter den zahlreichen Informationen, die ich von Nova bei der Ankunft bekommen hatte, waren auch einige Infobroschüren und ein – zugegebenermaßen etwas oberflächlicher – Stadtplan von Ōsaka. Damit ausgerüstet, sollte der Weg kein großes Problem sein, denn ich wußte ja inzwischen, wie ich die U-Bahn benutzen mußte, und in Umeda angekommen, mußte ich nur nach dem Weg zum unterirdischen Fußgängertunnel zum Umeda Sky Building Ausschau halten.

Dummerweise ist die Station Umeda riesig. Überall Geschäfte und Hinweisschilder in alle möglichen Richtungen außer der von mir gesuchten.

Es fing schon auf dem Bahnsteig an, wo ich ziemlich ratlos mit meinem Stadtplan vor dem Plan der Station stand und keine Ahnung hatte, für welchen der vielen Ausgänge ich mich entscheiden mußte. Da sprach mich ein Japaner auf Englisch an, ob er mir helfen könne. Er sprach ein ausgezeichnetes Englisch, nur leider wußte er den Weg zum Umeda Sky Building auch nicht. Nach einer Weile entschied ich mich, es erst einmal in Richtung „Underground Shopping Mall“ zu versuchen. Das war eine gute Wahl, nur stand ich dann erst einmal ziemlich ratlos da rum und wußte nicht, wohin. Schließlich fragte ich eine Passantin, die wieder sehr hilfsbereit war, mich mit Japanisch überschüttete und schließlich, als sie begriffen hatte, daß ich kein Wort verstand, mir ein Stück Weg voraus ging, bis ich vor einem langen Gang stand, den ich weitergehen mußte. Da verabschiedete sie sich von mir (mit einer tiefen Verbeugung), und ich sagte „dōmo arigatō gozaimasu“ (Vielen Dank), eines der wichtigsten japanischen Worte, das man unbedingt beherrschen sollte, selbst wenn man sonst kaum ein anderes Wort kennt.

Ich ging also diesen Gang entlang, nur um am Ende wieder nicht zu wissen, wohin. Anhand der kleinen Karte habe ich versucht herauszubekommen, wo ich jetzt hingehen mußte, aber es war hoffnungslos. Ich entdeckte zwar zwei weitere Gänge, die offensichtlich in die falsche Richtung führte, aber sonst... Zum Glück entdeckte ich einen Infostand, und der freundliche Mann dort holte auf meine Frage nach dem Umeda Sky Building sofort eine große Karte heraus und erklärte mir den Weg. Endlich hatte ich aus dem Gewirr und Gewusel der Station herausgefunden, und sah das Umeda Sky Building vor mir – aber wo ging es zu diesem verdammten unterirdischen Fußgängertunnel? Wieder mußte ich mich durchfragen, aber zumindest war ich jetzt auf der Straße und konnte alles besser überblicken. Schließlich hatte ich auch den Tunnel gefunden, und von da an war alles ganz einfach: in den Eingang rein, wo ein Schild mit der deutschen Flagge daneben stand, rein in den Aufzug, auf die Nummer 35 gedrückt, tief und erleichtert aufgeatmet, als ich den Aufzug im 35. Stockwerk wieder verlassen durfte, am Konsulat klingeln und rein. Dort mußte ich etwas warten, dann habe ich ein Formular ausfüllen müssen (meine Adresse in Japan, nächste Angehörige in Deutschland, die im Falle eines Falles benachrichtigt werden sollen), und dann konnte ich wieder gehen. Dummerweise hatte ich die schöne Adreßkarte zu Hause vergessen, konnte also die Anschrift meines Arbeitgebers nicht angeben, und bei meiner Adresse ist mir auch ein kleiner Fehler unterlaufen. Egal, morgen bei der Orientation kann ich ein Handy erwerben, und sobald ich meine Telefonnummer weiß, muß ich meine Angaben eh aktualisieren.

Anschließend bin ich ein wenig um das Gebäude herumgegangen, weil es wirklich klasse aussieht, und habe einige Fotos geschossen. Auf ein Foto der umliegenden Gebäude habe ich verzichtet, weil sie wirklich von einer ganz ausgesuchten Häßlichkeit sind.

Ich hätte auch ganz nach oben auf das Umeda Sky Building fahren können, wo sich eine Aussichtsplattform befindet, aber ich hatte am Abend vorher in Barbaras Japanführer nachgelesen, daß man sich das auch schenken könnte, weil die Aussicht vom Ōsaka Castle viel schöner ist, und als ich nach oben blickte und mir die langen Aufzüge ansah, habe ich darauf verzichtet. Statt dessen bin ich ein wenig durch den kleinen Park geschlendert, der direkt unter dem Gebäude angelegt wurde. Faszinierend, eine wunderschöne Oase der Ruhe inmitten all der Hektik.

Wieder zuhause angekommen, habe ich als erstes wieder bei Angelica geklingelt, die diesmal auch wirklich aufmachte. Wie sich herausstellte, hatte sie den ganzen Donnerstag verschlafen und ein etwas schlechtes Gewissen, weil sie doch mit mir zusammen zum ward hatte gehen wollen. Ich habe ihr dann angeboten, mit ihr zusammen erneut hinzufahren, was sie dankbar annahm. Es war klasse. Denn inzwischen wußte ich ja den Weg, kannte mich also aus und fühlte mich sehr erfahren und weise. Nachdem sie sich auch hatte registrieren lassen, sind wir eine der Straßen einmal rauf- und runtergeschlendert, weil diese viel mehr nach Asien aussahen als alle anderen Orte, die wir bis dahin zu sehen bekommen hatten (gut, so viele waren das ja auch noch nicht).

Lustig war auch, daß Angelica zu mir exakt dieselbe Bemerkung machte wie ich am Nachmittag zuvor zu Barbar. Nämlich die, daß der Signalton der Fußgängerampel gegenüber dem ward office genau wie ein Kuckucksruf klingt.

Auf dem Rückweg entdeckten wir dann erstmals eine Frau in einem Kimono in der U-Bahn. War aber keine Geisha, denn sie war nicht geschminkt und trug auch keine Perücke. Aber eben einen Kimono.

Gestern und heute verliefen ziemlich unspektakulär. Gestern stand die erste Etappe der Reinigungsaktion in unserer Küche an, und danach habe ich etwas im untern gesurft und hauptsächlich gefaulenzt. Heute habe ich noch einmal ausgeschlafen, in Ruhe gefrühstückt und bin dann einkaufen gegangen (hat auch seine Vorteile, wenn die Geschäfte Sonntags geöffnet sind): ein paar zusätzliche Kleiderhaken, Geschirrtücher, eine Zitronenpresse (Elisa ist immer noch krank, und ich bin auch etwas verschnupft, da wird uns eine heiße Zitrone sicher guttun), ein paar Lebensmittel (ganz wichtig: Zucker und Zitronen).

Danach habe ich einige der Formulare ausgefüllt, die wir morgen zur Orientation mitbringen sollen: das Steuerformular, den Antrag zur Eröffnung eines Bankkontos, ein Formular mit persönlichen Informationen und die Inventarliste der Wohnung. Mit letzterer bin ich noch nicht ganz fertig, und außerdem müssen Barbara und Elisa sie noch unterzeichnen. Elisas muß auch von uns anderen unterzeichnet werden.

Später werde ich noch einmal bei Angelica vorbeischauen, fragen, ob sie gestern bei dem freiwilligen Treffen der neuen Nova-Mitarbeiter war. Ich habe es leider nicht geschafft, denn ich war so lange in der Küche beschäftigt. Bis ich mich umgezogen und zurechtgemacht hätte, wäre es zu spät gewesen, um noch pünktlich loszukommen, also habe ich es gleich gelassen und statt dessen noch etwas weiter gearbeitet. Ich sehe die Leute ja eh morgen, da kommt es auf die zwei Tage auch nicht drauf an.

Samstag, Oktober 22, 2005

Ankunft in Osaka

Nachdem Selina und ich uns vorgestellt hatten und die Nova-Leute unsere Namen in der Liste abgehakt hatten, hieß es zunächst noch ein paar Minuten warten, bis auch der letzte eingetroffen war. Insgesamt waren wir ca. 10 Leute. Als alle da waren, erhielt jeder sein „Arrival Packet“ mit näheren Informationen zur Wohnung, dem Schlüssel, dem Mietvertrag, einer Inventarliste der Wohnung und weiteren Informationen und Formularen. Danach zogen wir alle zum Ende der Halle, wo wir unsere großen Gepäckstücke aufgeben konnten, auf Kosten von Nova. Diese sollten am nächsten Abend zwischen 20:00 und 21:00 geliefert werden (und tatsächlich konnte ich Reisetasche und Rucksack am nächsten Abend um 20:20 von einem freundlichen Japaner in Empfang nehmen). Leider ging es nicht sofort los (ich brauchte dringend eine Dusche nach dem langen Flug), denn Selina und ein anderer Typ mußten für ihren nächsten Flug einchecken, und dann wurden noch ein paar neue Nova-Angestellte aus Kanada erwartet. Also verteilten wir uns auf ein paar Bänke (die Ankunftshalle war übrigens erstaunlich leer und ruhig) und inspizierten unsere Arrival packets. Selina hatte noch etwas Zeit, bis ihr Flug aufgerufen wurde, und setzte sich solange zu uns. Inzwischen hatte ich Angelica kennengelernt, aus Southhampton, die im selben Gebäude wie ich untergebracht wurde.

Als die Kanadier endlich da waren und die Weitereisenden sich endgültig von uns verabschiedet hatten, zogen wir in drei Grüppchen los in Richtung Ōsaka. Angelica und ich wurden von Jason zu unserer Unterkunft geführt. Außerdem mußte er die beiden Kanadier in den Shinkansen (den japanischen Superschnellzug) nach Kōbe setzen.

Zunächst fuhren wir fünf mit dem Haruka-Expreß vom Flughafen nach Ōsaka, zur Station Shin Ōsaka. Die Fahrt dauerte ca. 50 Minuten. Es war faszinierend: der Zug hielt am Bahnsteig, alle stiegen aus, aber wir durften noch nicht rein, weil erst eine Putzkolonne durch den Zug eilte. Bevor die Reinigungskräfte (je ein Mann pro Waggon) den Zug verließen, drückten sie noch einen Knopf, und alle Sitze drehten sich um 180°, so daß sie alle in Fahrtrichtung zeigten! Das müßte man mal in Deutschland einführen. Man trifft doch immer wieder alte Mütterchen im Zug (es scheinen immer nur Frauen zu sein, weiß auch nicht, woran das liegt), die irgendwann mit mitleidheischendem Blick und wehleidiger Stimme darum bitten, die Plätze zu tauschen, weil sie es nicht vertragen, gegen die Fahrtrichtung zu sitzen. (Jason drehte als erstes zwei Sitze wieder zurück, so daß wir uns bequem hinsetzen und uns dabei gegenseitig ansehen konnten...)

Die Fahrt dauerte, wie gesagt, 50 Minuten, und in diesen fünfzig Minuten konnte man quasi dabei zusehen, wie es ziemlich rasch dunkel wurde. Das liegt daran, daß Osaka nun mal etwas weiter südlich als Bad Oeynhausen oder Rostock liegt, und da sind die Unterschiede in der Länge von Tag und Nacht weniger ausgeprägt. Am Äquator sind die Tage und Nächte auch immer gleich lang.

In Shin Ōsaka angekommen, hieß es für Angelica und mich: eine weitere Dreiviertelstunde warten. Die beiden Kanadier mußte erst in ihren Zug gesetzt werden. Wir haben die Zeit genutzt, um uns in der Station etwas zu essen zu besorgen (nach einigem Überlegen haben wir beschlossen: „keine Experimente heute“ und sind zu Starbucks gegangen). Damit haben wir uns dann in die Wartehalle gesetzt, gegessen, getrunken, und so ganz allmählich registriert, daß wir nun wirklich in JAPAN sind.

Erste Eindrücke:

Es waren zwar ziemlich viele Menschen unterwegs, aber trotzdem war es im Bahnhof relativ ruhig. Zehn Meter weiter saß eine junge Frau und sprach in ihr Mobiltelefon, und während man in Deutschland (oder England, meinte Angelica) jedes Wort des Gesprächs hätte mithören dürfen, drang kein Laut davon an unsere Ohren.

Zwei Meter weiter von uns vor einer spiegelnden Wand übte eine Frau seelenruhig irgendwelche Tanzschritte. Das muß in Japan nichts ungewöhnliches sein, jedenfalls hat keiner darauf geachtet (mit zwei höchst faszinierten Ausnahmen).

Eine Verkäuferin in einem der zahlreichen Läden ringsum war die einzige Person weit und breit, deren Stimme ständig zu hören war. Ich habe natürlich kein Wort verstanden, aber sie wird wohl ihre Waren angepriesen haben. Jedenfalls schien sich alles zu wiederholen. Das an sich ist ja noch nichts merkwürdiges. Merkwürdig war ihre Stimme: was diese Frau an Tönen und Lauten produziert hat, klang eher nach einer Art von Papagei oder Kakadu anstatt nach einer Frauenstimme. Gestern und vorgestern habe ich – wieder von Verkäuferinnen – ganz ähnliche Laute gehört. Seltsam, seltsam...

Früher als erwartet tauchte Jason dann wieder auf und brachte uns endlich zu unseren Wohnungen. Zum Glück war es nicht mehr weit, denn das Apartmenthaus ist nur gute fünf Minuten von der Station Shin Ōsaka entfernt. Das ist natürlich klasse, zumal man von Shin Ōsaka aus schnell und bequem ins Zentrum gelangt. Zum Multimediazentrum, meinem Arbeitsplatz brauche ich von hier aus ca. 30 Minuten. Wenn man bedenkt, daß viele Japaner eine oder gar zwei Stunden bis zur Arbeit brauchen, dann habe ich es doch ziemlich gut getroffen, oder?

Das Apartmenthaus hat elf Stockwerke (das Erdgeschoß zählt allerdings als erstes Stockwerk), und ich wohne im neunten. Die Wohnung besteht aus einem schmalen Korridor, der zur Küche und dem anschließenden Wohnbereich führt. Vom Eingang aus gesehen auf der rechten Seite sind die drei Schlafzimmer, zwischendurch ein großer Wandschrank. Links sind Badezimmer und Toilette. Hinten schließt sich ein schmaler Balkon an. Die Aussicht ist nicht gerade berauschend, lauter andere Balkone vom Apartmenthaus nebenan, aber es ist ein Balkon, auf dem man seine Wäsche trocknen und die Futons lüften kann.

Barbara hat das Zimmer ganz hinten mit einem eigenen Ausgang zum Balkon. Auf der anderen Seite trennen es nur leichte, aber undurchsichtige Schiebetüren von dem mittleren Zimmer. Es hat leider keine Fenster, nur einen eigenen großen Wandschrank, der ein wenig dafür entschädigt, daß dieses Zimmer etwas kleiner als die beiden anderen ist. Das ist mein Zimmer. Ich hätte auch das andere größere Zimmer mit Fenster haben können, das außerdem im westlichen Stil gehalten ist. Im Klartext bedeutet das, daß es nicht mit Tatami-Matten ausgelegt ist, sondern einen häßlichen Linoleumboden hat. Womit schon gesagt wäre, warum ich es nicht genommen habe: es ist abgrundtief häßlich, und das Fenster bringt auch nicht wirklich was, denn es geht zum Eingangsbereich hinaus, ist von außen mit dicken Gitterstäben gegen ungebetene Besucher gesichert und von innen mit einer Art Milchglas, damit man von außen nicht reinsehen kann. Also habe ich mich für das hübschere japanische Zimmer mit Tatami entschieden. Sobald ich mich da endgültig eingerichtet habe, gibt es auch ein Foto.

Ich habe ja Elisa, die Italienerin, die gestern eingezogen ist, etwas bedauert, daß sie nun dieses häßliche Zimmer nehmen mußte, aber sie meinte sofort, sie sei sehr zufrieden damit, weil man Linoleum besser saubermachen kann als Tatami. Letztere dürfen nämlich nicht naß werden und können nur gesaugt werden. Aber es ist ein sehr angenehmes Gefühl unter den Fußsohlen.

Die Küche allerdings war eine herbe Enttäuschung. Sabines französische Kanalratten lassen grüßen. Es muß Jahre her sein, daß da mal richtig saubergemacht wurde. Der Gasherd, die Schränke, das Regal, der Großteil des Geschirrs – total versifft. Barbara, die vor drei Wochen eingezogen ist, hatte schon das Bad saubergemacht und danach von weiteren Putzaktionen erst einmal die Nase voll. Was ich voll und ganz verstehen kann. Jedenfalls werden Elisa und ich am Montag bei der Orientation mitteilen, daß wir mit dem Zustand der Wohnung nicht zufrieden sind.

Zum Glück habe ich gerade letzte Woche im WDR-Fernsehen in der Servicezeit einen Beitrag gesehen, wie man dem Küchenfett zu Leibe rückt: am Abend vorher Küchenpapier mit Wasser und Spülmittel tränken, auf die fettigen Stellen legen und über Nacht da lassen. Dann wird das Fett etwas gelöst und kann am nächsten Tag leicht weggewischt werden. Also habe ich gestern abend die halbe Küche mit nassem Toilettenpapier (in Ermangelung von Küchenkrepp) gepflastert. Eigentlich hätte ich das Ergebnis bildlich festhalten müssen, aber man will ja auch nicht jeden Mist fotografieren. Elisa ist unterdessen durch die Supermärkte gezogen und hat Reinigungsmittel organisiert. Heute vormittag wollten wir beide dann gemeinsam die Küche auf Vordermann bringen. Daraus wurde leider nichts, denn Elisa hatte über Nacht eine Erkältung bekommen und fühlte sich nicht so gut. Also habe ich mich alleine ans Werk gemacht. Die ganze Küche habe ich natürlich nicht geschafft, aber man kann die Arbeitsfläche inzwischen als solche benutzen, einen der Schränke anfassen und einen Teil des Herdes. An alle Stellen habe ich mich bei dem nicht getraut, denn ich hatte noch nie mit einem Gasherd zu tun und hatte keine Lust, das Ding durch irgendeine Unbesonnenheit in die Luft zu jagen.

Nach einer Weile habe ich dann Schluß gemacht, und heute abend hat Elisa (der es wieder besser geht, während ich jetzt anscheinend die Erkältung bekomme) erst die Geschirrschublade und anschließend das ganze Geschirr sauber gemacht und hinterher alles gewischt. Die restlichen Schränke und die Dunstabzugshaube werden wir ein anderes Mal in Angriff nehmen. Zumindest kann man die Küche jetzt einigermaßen beruhigt benutzen.

Reise nach Osaka

Konnichiwa! Ich bin glücklich in Japan gelandet, habe mein Zimmer bezogen, meine Sachen gepackt und fange an, mich einzugewöhnen.

Aber jetzt berichte ich erst einmal nur von der Reise, das wird reicht dicke für einen Eintrag. Am Dienstag bin ich mit meinen Eltern kurz nach sieben zum Flughafen Hannover gefahren. Dort angekommen (über anderthalb Stunden vor Abflug, wie vom Reisebüro und Sabine empfohlen), hat mein Vater meine Mutter und mich samt Gepäck vor dem Eingang abgesetzt und ist dann gut zwanzig Minuten auf der Suche nach einem Parkplatz durch das Parkhaus gekurvt. In der Zwischenzeit habe ich mein Gepäck durch die Sicherheitskontrolle gebracht und eingecheckt. Was – trotz meines gewaltigen Übergepäcks – viel einfacher ging als ich befürchtet hatte. Ich hatte nämlich wegen des Gepäcks noch einmal im Reisebüro angerufen, um zu erfahren, ob es reiche, den Brief von der englischen Reiseagentur beim Check-in vorzulegen, und da hatte mir die freundliche Dame am Telefon gesagt, daß ich mich deswegen mit der Fluggesellschaft in Verbindung setzen müsse. Und zwar nicht mit der Lufthansa, über die ich den Flug gebucht hatte, sondern mit British Midlands, weil die mit der Lufthansa zusammenarbeiten und den Flug auch durchführen. Aha. Die Telefonnummer mußte ich selbst im Internet raussuchen, und dann wurde ich von British Midlands erst einmal in die Warteschleife geschickt, dann habe ich einer Frau am Telefon das Problem – auf Englisch, versteht sich – zu schildern versucht. Woraufhin ich aufgeklärt wurde, daß ich das mit meinem Reisebüro abklären müßte. Toll. Die Anrufe hätte ich mir echt schenken können.

Am Check-in habe ich nun den Brief vorgelegt, die Angestellte der British Midlands las selbigen sehr aufmerksam durch und sagte schließlich: „O.k., das geht dann in Ordnung“. Da war ich dann doch sehr angenehm überrascht, denn nach dem Desaster mit den Telefonaten hatte ich mich in Gedanken schon auf eine saftige Gebühr für das Übergepäck eingestellt. Gut, daß das Flugzeug letztlich nur zur Hälfte ausgebucht war, dürfte dabei keine geringe Rolle gespielt haben, aber trotzdem – schön!

Ich mußte noch nicht sofort in die Abflughalle gehen, so daß ich noch einige Zeit bei meinen Eltern gesessen habe. Später bin ich dann in die Abflughalle und zur Personenkontrolle, und meine Eltern haben sich dann Richtung Aussichtsplattform begeben, um meinen Abflug von dort zu beobachten.

Als ich im Juli zum Vorstellungsgespräch nach London geflogen bin, hatte ich einen Flug bei Air Berlin gebucht, und allen anderen Warnungen zufolge wurden an Bord des Billigfliegers jeweils ein Getränk und ein belegtes Brötchen (nix dolles, aber durchaus eßbar) kostenlos ausgegeben. Jetzt bin ich für den doppelten Preis mit einer „anständigen“ Fluggesellschaft geflogen – zumindest dachte ich das – und hatte zumindest etwas ähnliches erwartet. Pustekuchen! Das hätte ich alles noch extra bezahlen müssen!!

In Heathrow angekommen (doch eine Nummer größer als Stansted), war ich nach einer halben Stunde mit allem durch, hatte mein Gepäck auf einen Gepäckwagen geladen, und brauchte erst einmal englische Pfund, um die Gepäckaufbewahrung bezahlen zu können. Wer nur irgend nicht unbedingt darauf angewiesen ist (weil z.B. noch eine zweite Person mitreist, die auch kurz mal alleine auf das Gepäck aufpassen kann), sollte sie vermeiden. Für jedes Gepäckstück darf man da 5,50 Pfund zahlen, und ich hatte gleich zwei. Wucher! Aber immerhin war ich die Teile für eine Weile los, mußte nicht dauernd aufpassen, daß mir nichts vom Gepäckwagen rutscht, und konnte mich etwas freier bewegen. Allerdings – viel zu tun hatte ich ja nicht, also habe ich mich in die Ankunftshalle gesetzt (wo es jede Menge freie Plätze gab, wo man sich hinsetzen konnte, ohne in irgendeinem Laden was zu Essen geordert zu haben) und habe gelesen, bin nach einer Weile in ein Café gewechselt, wo ich mir eine leckere Suppe und einen Kaffee gegönnt habe, um dann schließlich mein Gepäck wieder abzuholen und zum vereinbarten Treffpunkt beim Check-in Schalter zu gehen. Wo ich wieder eine ganze Weile gewartet und die ersten mutmaßlichen Mitreisenden zu sehen. Pünktlich um 15:30 kam dann nicht der angekündigte Dom, sondern Katie. Fand ich klasse, denn nachdem ich so oft mit ihr telefoniert und Emails hin- und hergeschickt hatte, ist es schön, das Gesicht zu dem Namen zu kennen. Mit meinem Ticket bin ich gleich zum Schalter gegangen und habe eingecheckt. Und habe tatsächlich eine erste Mitreisende kennengelernt, Selina, die allerdings von Ōsaka gleich nach Fukuoka weiterfliegen mußte. Mit Selina und ihrer Familie (Eltern, Schwester, Oma) habe ich dann wieder gewartet, bis Selina und ich durch die Sicherheitskontrolle gehen konnten/mußten. War sehr nett, und für uns beide eine angenehme Überraschung, daß wir unsere Plätze direkt hintereinander bekommen hatten, beide am Fenster. Damit war sichergestellt, daß wir den langen Flug über auch jemanden zum Reden hatten.

Ich bin vorher noch nie mit einem Jumbo geflogen und hatte folglich auch keine Ahnung, wie groß so ein Flugzeug ist. Eine erste Vorstellung bekam ich dann am departure gate: so viele Leute (hauptsächlich Japaner, dazwischen ein paar ganz verlorene Europäer)!

Der Flug war toll, ruhig, keine Turbulenzen. Ein großes Lob an den Piloten, wer auch immer er sein mag. Und der Service war auch klasse. Am Platz waren – außer der obligatorischen Spucktüte (auf die ich Selina dann ihre Emailadresse habe schreiben lassen) und den üblichen Broschüren – ein kleines Kissen und eine dünne Decke zum Schlafen, ein paar Kopfhörer, die Speisekarte und das Fernsehprogramm für den kleinen Bildschirm an der Lehne des Vordermannes (ich habe später ausschnittweise „Bewitched“ – auf Deutsch „Verliebt in eine Hexe“ – mit Nicole Kidman gesehen). Alle Speisen und Getränke waren inklusive, und es gab von beidem reichlich. Zuerst kam der Getränkewagen, dazu bekam dann jeder etwas später eine kleine Tüte mit japanischem Knabberzeug (irgendwas nussiges, lecker) für den kleinen Hunger, später kam die zweite Runde Getränke, bald darauf das Abendessen (man konnte zwischen japanischem und westlichem Menü wählen – ich habe das japanische probiert, wirklich nicht übel). Im Anschluß an das Essen gab es wahlweise Tee oder Kaffee, später bekam jeder für die Nacht eine kleine Flasche Mineralwasser, und am Morgen ging es mit Frühstück und jeder menge Kaffee und/oder Tee weiter.

Wir sind übrigens nicht über den Nordpol geflogen, wie mein Vater meinte, sondern über Rußland – war letztlich aber auch egal, denn es war eh dunkel, und die Fenster wurden über Nacht auch verdunkelt, also habe ich davon nicht allzuviel sehen können. Es gab zwar zwei Kameras außen am Flugzeug, eine zeigte direkt nach unten und die andere nach vorne, aber die haben in der Nacht auch nicht viel erkennen können. Rußland ist ja nicht so dicht besiedelt und daher von oben ziemlich dunkel. Und ich habe eh geschlafen. Morgens habe ich aber noch einen Rest sibirisches Gebirge (wir sind nicht über China geflogen) sehen können, bevor es übers Meer Richtung Japan ging. Und als wir dann über Japan flogen, konnte man viel mehr erkennen, weil das Flugzeug schon den langsamen Sinkflug eingeleitet hatte – Japan ist ja nicht besonders breit.

Auf dem Flughafen ging es zuerst zur Einwanderungskontrolle, dann zum großen Gepäckband und anschließend zum Zoll. Das ging erstaunlich schnell, der Einwanderungsbeamte war zwar etwas verbiestert, aber dafür war der Zollbeamte sehr nett. Was auch damit zu tun haben könnte, daß ich mich beim Zoll ein bißchen berappelt hatte (du bist jetzt in Japan, Ute!) und den Mann mit „Konnichiwa“ begrüßte.

Nach der Zollkontrolle ging es direkt in die Ankunftshalle, wo wir alle schon von drei Nova-Mitarbeitern erwartet wurden.

Dienstag, Oktober 18, 2005

Frau am Steuer, oder: mein letzter Tag in Deutschland

Mann, was bin ich aufgeregt!! Ich konnte gestern Nacht schon nicht einschlafen, wie soll das erst heute werden?
So, die Sachen sind fast alle gepackt, mit der Gepäckmenge scheine ich hinzukommen, einiges habe ich aber auch wieder aussortiert (brauche ich diesen alten Pullover wirklich? nein!), jetzt fehlen nur noch die beiden Kochbücher, das alte Englischwörterbuch von meinem Vater (mein schönes, gutes Zweibändiges wiegt laut Personenwaage im Keller stolze zwei Kilo - bleibt doch hier), und ein paar Kleinigkeiten. Die große Tasche werde ich noch etwas umpacken müssen, damit die Schuhe reinpassen und ich sie trotzdem noch zukriege.
Meine Eltern sind auf der Silberhochzeit unserer Nachbarn, dewegen durfte ich Gero heute nachmittag zur Musikschule kutschieren. Und dann dachte ich mir so, es wäre doch eine gute Idee, noch schnell beim marktkauf im Werrepark vorbeizufahren und noch ein paar Adapter für meine diversen Elektrogeräte zu besorgen, sicher ist sicher. Hatten aber keine. Dafür habe beim Einparken ich den rechten Blinker erledigt. Das kommt davon, wenn man etwas zu schwungvoll einparkt - ich bin gegen die Stangen geprallt, die die Bäume auf dem Parkplatz vor solchen Idioten wie mir schützen sollen. *fluch*
Na ja, jedenfalls freue ich mich schon wahnsinnig darauf, das meinen Eltern zu beichten...
So, meine neue Emailadresse habe ich allen bekannt gegeben. Bleibt noch, mich auch von den Lesern meines Blogs bis auf weiteres zu verabschieden. Wenn ich mich das nächste Mal einlogge, werde ich als allererstes mein Profil ändern. Dann steht da: Osaka, Japan! Bis dann also!!
Sayonara!

Sonntag, Oktober 16, 2005

Dreimal werden wir noch wach...

Heute ist Samstag, Dienstag geht’s schon los – die Spannung steigt, der Adrenalinspiegel auch, und ich habe noch sooo viel zu tun! Nämlich:

die Reisetasche auslüften,
den großen Rucksack suchen und ebenfalls auslüften,

etwas Ordnung in meinem Zimmer schaffen,

Altkleidung und –schuhe für die Bethelsammlung aussortieren,

die letzten CDs auf mein Notebook überspielen,

meine Großeltern fotografieren,

Mozilla Firefox auf meinem Notebook installieren (gefällt mir einfach besser als der Internet Explorer),

die Personenwaage im Keller auf ihre Genauigkeit hin testen (am besten mit den fünf Kilo Kartoffeln, die ich heute eingekauft habe),

die automatische Silbentrennung auf meinem Notebook installieren,

meinem Vater den korrekten Umgang mit meinem Drucker erklären,

Gero strengstens verbieten, irgend etwas auf meinem PC zu installieren, deinstallieren oder zu verändern,

den Zettel mit den Adressen vom deutschen Konsulat und dem Goethe-Institut in Osaka wiederfinden,

meine neue Emailadresse bekanntgeben,

Lektion 8 meines Japanischlehrbuchs beenden (damit ich wenigstens das halbe Buch geschafft habe),

die frisch gewaschene Wäsche bügeln,

PACKEN.

Mehr fällt mir momentan nicht ein. Aber das kommt bestimmt noch.

Mit dem Packen fange ich jedenfalls schon morgen an. Ich muß aufpassen, daß ich nicht zu viele Bücher mitnehme. Das Englisch-Wörterbuch muß auf jeden Fall mit (es ist allerdings recht groß und zweibändig), das Russisch-Wörterbuch auch, das Japanisch-Wörterbuch zählt nicht, das kann ich zur Not auch in der Hosentasche mitschmuggeln, ein paar kleine Liederbücher (wer weiß, wozu es gut ist), den einen Okudzhava-Gedichtband (ohne geht’s halt nicht) und als Reiselektüre nehme ich die „Jahrestage“ mit. Da habe ich das ganze Jahr über immer was zu lesen. Wenn ich mit den 1.800 Seiten durch bin, kann ich einfach wieder von vorne anfangen!

Von dem Gedanken, die Gitarre mitzunehmen, habe ich mich schon vor einiger Zeit verabschiedet – und laut Nova kann ich sie auch gar nicht mitnehmen, steht alles in den Infos drin.

Der Ablauf der großen Reise am Dienstag sieht folgendermaßen aus:

Meine Eltern fahren mit mir gegen sieben Uhr morgens mit mir nach Hannover zum Flughafen. Der Flug geht um 9:55, ich soll 90 Minuten vorher da sein. Um 10:35 landet das Flugzeug in Heathrow, dann habe ich Zeit bis 15:30 (da brauche ich wirklich ein dickes Buch!). Um diese Uhrzeit treffe ich mich mit Dom Barber von Nova am Terminal 3 in Zone D beim Check-in Schalter in der Nähe des Infostandes. Er gibt mir mein Flugticket, hilft beim Einchecken und steht bei allen Fragen zur Verfügung. Meine Mitreisenden werde ich da wohl auch kennenlernen.

Um 18:55 fliege ich dann mit Flug JL422 ab. Ankunft in Osaka: 14:55 Ortszeit am 19.10. Am Kansai International Airport (den die Japaner mitten auf dem Meer gebaut haben – *schauder*). Bei der Einwanderungskontrolle muß ich den Paß auf der Seite mit dem Visum und dem eingehefteten CoE aufgeschlagen haben, damit der Paßbeamte nicht auf die Idee kommt, mir ein Touristenvisum in den Paß zu stempeln. Während des Fluges muß ich eine „landing card“ (Zollerklärung?) ausfüllen und diese bei der Einwanderung zusammen mit dem Paß vorzeigen.

Nach der Paßkontrolle geht es zum Zoll (dann ist die landing card wohl doch was anderes). Unterwegs geht es am Gepäckband vorbei. Jeder muß sein Gepäck persönlich vorzeigen.

In der Ankunftshalle warten Nova-Mitarbeiter zur Begrüßung.

Das große Gepäck wird zur Wohnung transportiert, die Kosten dafür übernimmt Nova (DANKE!), und weil das etwas dauern kann, sollte jeder alle nötigen Dinge für die erste Nacht im Handgepäck dabei haben.

Die Nova-Mitarbeiter bringen mich und die anderen dann in die Stadt und zu unseren Wohnungen. Auch diese Kosten übernimmt Nova (noch mal: DANKE!).

Bei meiner Ankunft erfahre ich dann auch, wann und wo die orientation stattfindet. Bis dahin habe ich Zeit, mich mit der Stadt (insbesondere dem Weg zur Arbeit) etwas vertraut zu machen, meine flatmates und andere neue Kollegen kennenzulernen, zuhause anrufen bzw. mailen, und vor allem: Rest! Ausruhen! Jetlag überwinden!

Bei der orientation geht es dann darum, sich gegenseitig kennenzulernen, Formalitäten zu erledigen, die Arbeits- und Mietverträge zu unterzeichnen, ein Bankkonto zu eröffnen und ähnliche Dinge. Ganz wichtig ist auch der Stundenplan für das Training, denn man wird nicht einfach so auf die Schüler und Kursteilnehmer losgelassen. Für alle, die wie ich im Multimediazentrum arbeiten werden, gibt es eine besondere Führung durch selbiges.

Samstag, Oktober 15, 2005

Oberbecksen-ian Summer

Sabine hat ja so recht: Herbst kann sooooo schön aussehen!!


Donnerstag, Oktober 13, 2005

Es lebe T-Online!

Nein, das ist jetzt keine Werbung für den Marktführer in Sachen Onlinedienste in diesem schönen Land (noch ist damit Deutschland gemeint, in Japan bin ich ja erst ab nächster Woche). Schleichwerbung ist es auch keine.

Ich hatte ja in meiner Email von letzter Woche meine Adresse in Japan bekanntgegeben und auch gesagt, ich würde meine Email-Adresse bei T-Online behalten, ich müßte bloß den internationalen Zugang einrichten und damit wäre alles in Ordnung. Wäre es auch. Das Problem ist nur: mit T-Online vom Ausland aus ins Internet zu gehen, ist ziemlich teuer. Wenn man jetzt nach Amiland fährt, wäre man mit 4 Cent pro Minute (bei einem analogen Anschluß, sonst wird’s teurer) dabei. Das wäre noch halbwegs akzeptabel, aber in Asien (und damit auch in Japan) kostet das schon 16 Cent pro Minute. Analog, wohl gemerkt. Mit DSL oder was es sonst noch so an schnelleren Verbindungsmöglichkeiten gibt, verlangt T-Online 32 Cent pro Minute. Plus die Telefonkosten für den örtlichen Netzbetreiber. Und da habe ich mir gesagt: ihr könnt mich mal!

Als erstes habe ich mir jetzt eine neue Email-Adresse bei web.de besorgt. Meine sonstige Zweitadresse bei GMX bleibt weiterhin Zweitadresse, weil GMX sich nicht mit Outlook verträgt. Web.de schon. Die neue Adresse gebe ich dann demnächst in einer neuen Email bekannt.

Aber wie ich jetzt von Japan aus ins Internet komme, weiß ich noch nicht. In den Informationen zu meiner Unterbringung schreibt Nova:

Telephone landlines, internet connections (cable, DSL, fiber optic, wireless) and cable or satellite TV services are available in most parts of Japan, however services and suppliers do vary between areas. You may apply directly to your local provider for these services and obtain approval from the Accommodation Section. More information on these services will be provided in your orientation program.

Mit anderen Worten: ich muß bis zur orientation warten. Wann die stattfindet, erfahre ich aber erst bei meiner Ankunft. In den Informationen (Abschnitt: „time before orientation“) steht „free time until sunday/monday“. Ich komme am Mittwoch an. Soll das heißen, daß ich dann über eine halbe Woche warten muß? Was andererseits auch nicht so schlecht ist, um mit dem Jetlag fertig zu werden.

Zur Not gibt es immer noch Internetcafés. Und eine Mitbewohnerin (das heißt auf Englisch übrigens „flatmate“), die schon knapp drei Wochen da ist, und die ihre orientation schon hinter sich hat und meine Fragen diesbezüglich beantworten kann – sofern ich mit meinem Englisch ihre Antworten verstehe.

Was habe ich sonst noch erledigt in den letzten Tagen? Neue Schuhe gekauft (schick!). Bei der Sparkasse 120.000 Yen (wie von Nova empfohlen) in bar und Reiseschecks bestellt, kann ich Freitag abholen. Bei der Touristeninformation am Kurpark Informationsbroschüren über Bad Oeynhausen und Umgebung besorgt (erstaunlich, wie schön diese Stadt in einer Tourismusbroschüre aussieht!) – auf Deutsch (über Bad Oeynhausen, die deutsche Märchenstraße und den Mühlenkreis – kann ich evtl. im Unterricht verwenden), Englisch (über B.O. – für meine neuen Bekannten) und sogar auf Japanisch (ein Flyer über die deutsche Märchenstraße)!! Ich kann es zwar nicht lesen, aber anhand der Verweise auf die Internetadressen habe ich zumindest den Abschnitt über Bad Oeynhausen gefunden und weiß jetzt, wie man das auf Japanisch schreibt bzw. wo ich das nachsehen kann.

Samstag, Oktober 08, 2005

Post am Samstag

Heute waren gleich drei Briefumschläge für mich in der Post!! Der erste war allerdings unerfreulich: bei meinem Brief an Alesja in Weißrußland fehlten 16 Cent Porto!! Mist!!

Brief Nummer 2: Von einer Agentur mit dem Namen H.I.S. Travel in London. Nie von gehört. Aber: innen fand ich einen Brief, adressiert an „To whom it may concern“, kann ich beim Einchecken in Hannover vorlegen, denn da steht, daß ich von London Heathrow aus mit einer Gruppe von Lehrern (ich bin LEHRER! Ich fasse es nicht!) für Nova Group UK nach Japan reise. Daß ich für ein Jahr oder länger dorthin fliege und die Agentur deshalb mit JAL vereinbart hat, daß ich (und die anderen auch) bis zu 35 Kilogramm Gepäck mitnehmen dürfen. Deshalb wird die Lufthansa gebeten, mir mitsamt meinem vielen Gepäck nach London Heathrow zu meinem Anschlußflug zu reisen.

Brief Nummer 3: MEIN VISUM IST DA!!! Das ging erstaunlich schnell, die Konsulatsmitarbeiterin hatte schließlich von Montag gesprochen! Klasse! Damit gehe ich dann am Montag zum Bürgerbüro und melde mich ab.

Gestern habe ich bei der FAZ angerufen, um mich um die Zustellung meiner Zeitung nach Japan zu kümmern. Zunächst einmal wollte ich aber wissen, ob es auch die Möglichkeit gibt, die FAZ nicht mit Luftpost geliefert zu bekommen. Das kostet nämlich 99 Euro im Monat und ist mir schlicht zu teuer. Mein Gehalt ist ja doch eher schmal. Und siehe da: es gibt so eine Möglichkeit, kostet nur 41 Euro monatlich inklusive Versandkosten. Und wie mir die freundliche Dame am Telefon erklärte, gibt es die alte Schiffspost auch gar nicht mehr, es wird eh alles mit dem Flugzeug verschickt und viel schneller geht es mit Luftpost (also die teurere Variante) auch nicht. (Ich habe mir die Frage verkniffen, warum, sie dann überhaupt noch mit Luftpost verschicken.) Vier bis sechs Tage muß ich auf meine Zeitung warten, aber das macht mir nichts. Wenn ich wirklich aktuelle Nachrichten haben will, kann ich auch im Internet nachsehen oder Deutsche Welle hören. Aber ich will die Zeitung auch anfassen, es mir beim Frühstück gemütlich machen. Ich könnte sie auch auf dem Weg zur Arbeit in der U-Bahn lesen. Na ja, meinte da die freundliche Dame am Telefon, mit der großen Zeitung in einer japanischen U-Bahn, das wird etwas schwierig. Ach was. Da muß man das Blatt bloß geschickt falten. So wie Gesine Cresspahl ihre heißgeliebte New York Times in der New Yorker U-Bahn auf dem Weg zur Bank.

Freitag, Oktober 07, 2005

Reise nach Düsseldorf

Mittwoch, 5. Oktober 2005, 8:00: meine Mutter und ich verlassen das Haus und steigen ins Auto.

8:01: das Auto muß auf halbem Weg aus der Ausfahrt abrupt stehenbleiben, weil ich die Benachrichtigungskarte der Post (diesen in undefinierbarem Blaugrün gehaltenen Wisch) vergessen habe.

Wenige Minuten später hat mich meine Mutter am Bahnhof abgesetzt, wo ich (am Schalter!) das NRW-Single-Ticket plus eine einfache Karte von Oeynhausen nach Bielefeld erwerbe – ich habe es längst aufgegeben, Sinn und Unsinn der Bahntarife verstehen zu wollen, jedenfalls gilt das blöde NRW-Single-Ticket erst ab neun Uhr, der Zug fuhr aber schon zwanzig Minuten eher ab. Auf den nächsten hätte ich dann eine Stunde warten können.

Anschließend bin ich zur Post gegangen, wo ich eine gute Viertelstunde mit zunehmender Ungeduld darauf gewartet habe, daß da endlich geöffnet wird. Als sich die Tür endlich öffnete (das muß man gesehen haben: erst ging innen der Vorhang im Schneckentempo beiseite, danach öffnete sich die Schiebetür, ebenfalls im Schneckentempo). Als sie dann endlich offen war, bin ich sofort zum Schalter gestürmt, wo mich eine Postangestellte mit den Worten: „Ich muß das hier eben erst noch zuende tippen“ begrüßte. Woraufhin ich ihr höflich mitteilte, ich wolle ja nicht unhöflich sein, aber ich bräuchte das Einschreiben dringend, weil ich den Zug um 8:40 erreichen müßte. Seufzend schob die Postangestellte ihren Zettel beiseite, nahm das häßliche Benachrichtigungsschreiben in die hand und bewegte sich langsam zu dem Schrank mit den zur Abholung bereitliegenden Einschreiben, studierte langsam die Umschläge, bis sie den richtigen gefunden hatte, kam ebenso langsam wieder zum Schalter zurück und machte sich – natürlich langsam – daran, die Daten in den Computer einzugehen, mit dem Lesegerät über den Strichcode auf dem Umschlag zu gehen und mir dann einen Zettel zur Unterschrift hinzuschieben.

Kaum hatte sie mir den Umschlag ausgehändigt, es war 8:35, stürzte ich Richtung Tür, riß im Laufen den Umschlag auf, vergewisserte mich, daß das CoE auch drin war, und rannte zum Bahnhof. Zum Glück ist der nicht weit vom Bahnhof entfernt. Den Zug habe ich auch noch gekriegt.

Im Zug las ich dann das Begleitschreiben von Nova, wobei mich fast der Schlag traf. Da stand, zum Visumantrag bräuchte man außer dem CoE, dessen Kopie (die auch mit im Umschlag steckte), einem Paßfoto und dem Paß auch noch einen Lebenslauf! Davon hatte mir die Konsulatsmitarbeiterin bei meinem Anruf vor zwei Wochen aber nichts gesagt, und folglich hatte ich auch keinen dabei!

Der Zug erreichte Düsseldorf kurz nach elf Uhr, und ich ging sofort zum Konsulat, um noch vor dessen Mittagspause (ab 11:30) dort zu sein. War auch nicht weit, nur fünf Minuten Fußweg. Unterwegs kam ich auch an einem japanischen Buchlanden und einem Internetcafé vorbei, und wenn die im Konsulat tatsächlich noch meinen Lebenslauf verlangt hätten, wäre ich als erstes dorthin gegangen und hätte dort am Computer schnell einen geschrieben. War aber nicht nötig, einen Lebenslauf brauchten die gar nicht. Ich mußte nur noch einen Zettel ausfüllen, auf dem ich begründete, weshalb ich den Paß mit Visum mit der Post zugeschickt bekommen möchte, und erklärte, daß mir bewußt sei, daß das Konsulat nichts dafür kann, falls der Paß auf dem Postweg verloren geht. Ansonsten könnte er Montag schon ankommen.

Ich bin dann erst einmal zum Bahnhof zurück, um dort was zu essen, und habe mir unterwegs den japanischen Buchladen angeschaut. Also, in Japan wird mein Budget sicher nicht durch exzessiven Bücherkauf wie in Moskau, Polen oder Deutschland strapaziert – ich konnte nichts lesen! Gekauft habe ich allerdings ein kleines Japanisch-Wörterbuch von Langenscheidt und ein paar japanische Eßstäbchen (hashi). Abends habe ich dann ein paar Trockenübungen gemacht, um rauszukriegen, wie man die hält und so. Meine Eltern rieten mir, ich solle Gero mal danach fragen. Wieso weiß ausgerechnet Gero, wie man mit Eßstäbchen hantiert?! Andererseits verfügt der Knabe bei allem, was auch nur im entferntesten mit Essen zu tun hat, über ganz erstaunliche Kenntnisse...

Erst mal habe ich mir aber Düsseldorf angesehen – ich bin einfach gerade aus losmarschiert, bin bei Kaufhof rein und habe mir noch zwei Blusen gekauft (in dem ersten Infoheft, was Nova mir zusammen mit dem Jobangebot zugeschickt hat, steht auch der Dresscode drin, also für Frauen

a dress or a neatly pressed blouse and skirt or trousers. Plain stockings or socks must be worn at all times. Open-toed shoes or any kind of sandals, low cut and/or sleeveless blouses, and T-shirts may not be worn. Grooming must be neat; excessive makeup or jewelry, including piercings other than a set of earrings, is not acceptable. Dyed hair of an unnatural colour is not acceptable, nor are visible tattoos, body piercings or other adornments.

Auf den Fotos nebenan sieht das zwar schon wieder etwas anders aus – da winkt eine junge Frau im Multimediazentrum ihren drei Schülern auf dem Bildschirm zu, die ein helles Oberteil mit Dreiviertelarm und ohne Kragen trägt, auch kein Jackett o.ä. drüber, auf den beiden Bildern links und rechts sind zwei Nova-Mitarbeiterinnen mit ihren Schülern abgebildet, die zwar ein schickes Kostüm bzw. Hosenanzug tragen, aber auch keine Bluse, sondern ein schlichtes Oberteil oder T-Shirt dazu anhaben, jedenfalls auch ohne Kragen. So schlimm scheint das also nicht gehandhabt zu werden, auch wenn mir der Typ beim Interview sagte (da hatte ich der unerträglichen Hitze in London wegen zu meinem Hosenanzug ein ärmelloses T-Shirt an), falls ich die Stelle bekäme, müßte ich T-Shirts mit Ärmel und Kragen anziehen.

Nun sieht das mit den Blusen, die ich hier in den Läden so zu Gesicht bekomme, aber folgendermaßen aus: entweder sind das Blusen, mit denen man eher auf eine Party anstatt ins Büro geht, oder ich bin noch nicht alt genug dafür. Na ja, einige selten getragene Blusen besitze ich ja schon, und jetzt sind ja noch mal zwei dazu gekommen.

Außerdem bin ich durch die Düsseldorfer Altstadt geschlendert, habe mir bei angenehm warmen Temperaturen am Rheinufer die Sonne ein wenig auf den Pelz scheinen lassen, war kurz in der Lamberti-Kirche (um rauszukriegen, warum der Turm so merkwürdig schief und verdreht ist – auch damals gab es schon Pfusch am Bau, die Baumeister haben zu frisches Holz verwendet), bin einmal die berühmte Kö rauf und runter geschlendert. Ein Collier war da ausgestellt, das knapp 40.000 Euro kosten sollte! Cartier hat die Preisschilder gleich ganz weggelassen. Wahrscheinlich ist das bei dem seinen Schmuckkreationen so wie bei dem Hofschneider von Elisabeth in London: wer fragt, wieviel es kostet, kann sich das Zeug eh nicht leisten. Bei den Klunkern von Cartier hätte mich der Preis aber schon interessiert, weil ich doch gerne gewußt hätte, wieviel man für derartig häßliche Klunker (viel zu protzig und klobig für meinen Geschmack) hinblättern muß.

Danach bin ich wieder zum Bahnhof zurückgeschlendert (Gratuliert mir!! Ich habe gestern nur ein einziges Mal auf einen Stadtplan schauen müssen, und das war, als ich rausfinden wollte, wo die Düsseldorfer nun eigentlich ihre Altstadt haben! Zurück zum Bahnhof habe ich ganz allein und ohne zu fragen gefunden!! Dafür wurde ich nach dem Weg zum Bahnhof gefragt!!). Abends hatte ich dann rasende Kopfschmerzen (morgens viel zu früh aufgestanden, und mittags wird es wohl doch etwas zuviel Sonne am Rhein gewesen sein).

Und heute habe ich tierischen Muskelkater in den Beinen vom vielen Rumgerenne gestern.

Mittwoch, Oktober 05, 2005

Plan B

Ich werde das jetzt so machen:
Morgen öffnet die Hauptpost (wo ich das Einschreiben ab morgen abholen kann) um 8:30, das NRW-Ticket gilt, wenn ich die Infos auf der Homepage der Deutschen Bahn richtig interpretiert habe, ab 9:00, die Hauptpost ist nur ein paar Schritte vom Bahnhof entfernt.
Also: wenn meine Mutter morgen früh zur Arbeit fährt (so gegen 8:00), lasse ich mich von ihr mitnehmen und bei der Post absetzen. Sobald die aufmacht, gehe ich da rein, hole mir mein Einschreiben ab und begebe mich zu Fuß zum Bahnhof. Dort löse ich eine Fahrkarte - ob am Automaten oder am Schalter, hängt von der Kooperation des Automaten ab - und fahre nach Düsseldorf. Da komme ich dann zwar schätzungweise pünktlich zur Mittagspause des Konsulats an, aber die haben ja am Nachmittag auch geöffnet. Abends fahre ich zurück nach Bad Oeynhausen.
So habe ich wenigstens keinen Tag verloren.
Auf dem Abholschein ist ja nicht mal eine Telefonnummer verzeichnet, so daß ich da mal hätte anrufen und nachfragen können, ob ich mir das Einschreiben wirklich erst morgen abholen kann. Und im Telefonbuch steht nur die Service-Hotline der Deutschen Post AG drin - und die hilft mir ja auch nicht weiter.

Dienstag, Oktober 04, 2005

Reisevorbereitungen: Fortsetzung

Am Samstag vormittag bin ich also, wie mit dem freundlichen Nova-Mitarbeiter verabredet, erneut ins Reisebüro getigert und habe mir einen früheren Flug raussuchen lassen und den dann auch gleich gebucht. Statt von Düsseldorf fliege ich jetzt von Hannover (aber immer noch mit Lufthansa), das ist von Bad Oeynhausen aus einfach schneller zu erreichen, zumal ich ja auch so früh wie möglich beim Check-in (gibt’s dafür eigentlich auch ein schönes deutsches Wort?) sein muß. Abflug in Hannover um 9:55, Ankunft in Heathrow um 10:35. Das sind fünf Stunden bis zum angeordneten Treffpunkt mit dem Nova-Mitarbeiter, der mir mein Flugticket übergeben wird. Das sollte ausreichend sein.

Dem stimmte auch die freundliche Nova-Mitarbeiterin zu, die ich gestern vormittag an der Strippe hatte. Mit dem Flug ist also alles in Ordnung. Ich habe sie dann noch gefragt, ob in dem Brief mit dem CoE, den ich für heute erwartet hatte, auch schon die Informationen über meine Unterkunft enthalten seien. Nein, sagte die freundliche Nova-Mitarbeiterin, diese Informationen erhielten sie in der Regel erst zehn bis zwölf Tage vor der Abreise.

Gestern abend (o.k., gestern nacht, kurz vor Mitternacht), als ich meine Emails abrief, stellte ich fest, daß ich ca. eine Stunde nach besagtem Telefonanruf eine Email von Nova mit genau diesen Informationen bekommen hatte. Ich weiß also endlich, wo ich wohnen werde. Besser gesagt: ich weiß jetzt, wie das heißt, wo ich wohnen werde, aber wo das ist – keine Ahnung!

Das CoE wurde heute übrigens tatsächlich vom Postboten gebracht. Nur da ich dummerweise gerade zu dem Zeitpunkt unter der Dusch stand, konnte ich nicht an die Tür gehen, und da dieses wichtige Dokument als Einschreiben verschickt wurde, fand ich dann nur einen Zettel in einer undefinierbaren Mischung aus Grün und Blau, auf dem drauf stand, ich könne mir das Einschreiben beim Postamt abholen – aber nicht heute! Mist, Mist, Mist...

Zum Glück kommt es jetzt noch nicht auf jeden einzelnen Tag an. Nach drei Tagen ist das Visum fertig, das lasse ich mir dann vom Konsulat als Einschreiben zuschicken – und da werde ich garantiert früher aufstehen!

Warum ich das Einschreiben allerdings erst morgen abholen kann, ist mir unbegreiflich.

Na ja, Ärgern hilft jetzt auch nichts. Zurück zu den Informationen über meine Wohnung (damit Sabine in ihrem Kommentar nicht wieder so viele Fragen stellen muß ;-)):

Die Miete beträgt monatlich 63.000 Yen (das sind umgerechnet etwa 464 Euro) und wird automatisch von meinem Gehalt abgezogen. Die erste Miete wird – da ich keinen vollen Monat darin wohne – nach tagen berechnet und beträgt 26.419 Yen (das habe ich jetzt nicht umrechnen lassen). Der Preis ist natürlich ziemlich happig, zumal die Wohnung a) entsprechend den japanischen Gepflogenheiten sehr klein ist und ich sie mir b) noch mit zwei Kolleginnen teile. Andererseits sind alle Nebenkosten schon mit drin, sie ist möbliert, es gibt zwei in japanischem Stil eingerichtete Zimmer und eines, das in westlichem Stil eingerichtet ist, ein Wohnzimmer, Küche, Bad, WC und closet (wohinter sich, wie ich eben durch einfaches Nachschlagen im Wörterbuch herausgefunden habe, nicht etwa ein zweites Klo, sondern ein Wandschrank verbirgt. Einen Balkon gibt es auch.

Herd, Kühlschrank, Waschmaschine, Toaster, Küchengerät, Tisch, Stühle, Fernseher, Videorecorder, Staubsauger, Bügeleisen und vorhänge sind auch schon drin. Ebenso Betten inklusive Bettwäsche.

Wie groß die Wohnung genau ist, weiß ich allerdings nicht. Die Raumgröße wird in Japan traditionell in Tatami-Matten gemessen, mit denen viele Wohnräume ausgelegt sind. Die sollen im Sommer angenehm kühl und im Winter angenehm warm sein. Und man darf nur barfuß oder in Socken darauf herumlaufen. Die Größe einer Tatami-Matte wird in den Infos von Nova mit ungefähr 3 x 6 Fuß angegeben. Das hilft mir ungemein. *beißende Ironie* Bei Schlafräumen in der Größe von sechs bzw. 4,5 Tatami-Matten gehe ich aber mal von Bienenwaben aus.

Meine Mitbewohnerinnen heißen Barbara und Elisa (aus Datenschutzgründen verzichte ich auf die Nennung der Nachnamen). Barbara kommt aus Großbritannien und ist schon am 29. September eingezogen. Elisa ist Italienerin und kommt einen Tag nach mir an.

Schön, daß ich nicht mit Deutschen zusammenwohne. Da habe ich eine reelle Chance, mein Englisch aufzupolieren, was bekanntlich auch bitter nötig ist.

Und ich glaube, daß die Italienerin auch einen Ofen braucht (Lasagne! Pizza!). Wenn in der Wohnung noch keiner von unseren Vorgänger(inne)n steht, dann werden wir uns bestimmt über eine Anschaffung einig werden, da bin ich ganz optimistisch.

Samstag, Oktober 01, 2005

Reisevorbereitungen

Nachdem mein CoE heute immer noch nicht in der Post war und ich seit Anfang dieser Woche deswegen auch immer nervöser wurde, habe ich heute vormittag mal wieder bei Nova in London angerufen – es ist heute mit der Post aufgegeben worden. Schön. Dann sollte es Dienstag wohl da sein (nur zur Erinnerung: Montag ist Tag der Deutschen Einheit, da kommt keine Post), so daß ich am Mittwoch dann nach Düsseldorf fahren und dort im Generalkonsulat mein Visum beantragen kann. Was, wie ich schon vor zwei Wochen herausgefunden habe, nur bei persönlichem Erscheinen möglich ist.

Weil mir Katie Takashima auch gesagt hatte, ich solle auf mein CoE warten, bevor ich den Flug nach Heathrow buche, habe ich den Typen am Telefon (Katie war es leider nicht) gleich gefragt, ob ich mich denn jetzt endlich darum kümmern könne (wird ja nun auch wirklich Zeit). Ja, ich kann, aber bevor ich den Flug buche, soll ich mich mit ihnen noch einmal absprechen.

Also bin ich heute nachmittag im Reisebüro gewesen und habe mir einen Flug heraussuchen lassen. Von Düsseldorf mit der Lufthansa nach Heathrow, Ankunftszeit 14:10. Um 3:30pm (=15:30) soll ich am Treffpunkt sein, um von einem Nova-Mitarbeiter mein Ticket für den JAL-Flug (Abflugszeit. 6:55pm = 18:55) in Empfang zu nehmen. Da hätte ich knapp anderthalb Stunden Zeit, um auszuchecken und zum Treffpunkt zu gehen, meinte die freundliche Dame im Reisebüro, so groß sei Heathrow nicht, jedenfalls nicht so groß wie Miami (schön, und wenn mir jetzt noch jemand sagen würde, wie groß der Flughafen von Miami ist...).

Ja, meinte dann aber eine Stunde später der Typ von Nova, anderthalb Stunden sind etwas knapp, besser wären drei Stunden, weil man ja nie weiß, was mit dem Wetter ist (Mitte Oktober, London – Nebel?!) oder so. Na ja, wenn die Flughafenmitarbeiter in Heathrow streiken, wird auch der JAL-Flug nicht pünktlich wegkommen, würde ich mal so annehmen. Aber Spaß beiseite, ich denke doch, daß er da nicht so ganz unrecht hat. Ich wollte morgen eh noch mal ins Reisebüro, dann kann ich auch gleich nach einem früheren Flug fragen. Und vielleicht geht da dann auch noch einer von Hannover, da komme ich von Oeynhausen aus einfach schneller hin.

Von dem freundlichen Nova-Mitarbeiter habe ich dann gleich noch in Erfahrung gebracht, daß ich zwei Gepäckstücke bis je 25 kg plus etwas Handgepäck mitnehmen darf. Die freundliche Dame im Reisebüro sprach von einem Gepäckstück bis 20 kg (da innereuropäischer Flug). Übergepäck ist verdammt teuer: pro Kilo ein Prozent des First Class-Flugpreises. Der Nova-Mitarbeiter hat mir angeboten, sie könnten dem Reisebüro auf Anfrage ein Fax schicken, in dem drinsteht, daß ich soundsoviel Gepäck mitnehmen darf auf meinem Weiterflug, allerdings gebe es keine Garantie, daß die Fluggesellschaft darauf eingeht und ein Auge zudrückt.

Alles nicht so einfach...

Zum Glück ist die Digitalkamera, die ich mir am Montag gekauft habe, winzig und federleicht. Demnächst gibt es an dieser Stelle also auch wirklich Fotos zu sehen. Bislang ist allerdings das einzige wirklich interessante Fotoobjekt in meiner Reichweite die frankensteinähnliche Narbe auf Geros Knie (übrigens ist der Knabe seit letzter Woche Montag auch wieder zuhause, geht zur Schule – die nächsten zwei Wochen sind allerdings erst einmal Herbstferien – und hängt abwechselnd vor der Glotze und Vaters PC rum. Der einzige Unterschied zu vorher: er geht nicht zum Fußballtraining und muß mit dem Auto zur Schule gebracht und auch wieder abgeholt werden.

Was gibt es sonst noch in Sachen Reisevorbereitungen? Ich übertrage einen Teil meiner CD-Sammlung auf meinen Laptop. Sehr zeitaufwendig. Das übertragen von der Audio-CD auf den Laptop (i-tunes) ist nicht einmal das eigentliche Problem, aber ich muß die Titel danach alle einzeln eintragen, damit ich auch immer weiß, was ich mir gerade anstelle. Und, offengestanden, so dolle ist die Klangqualität dabei nicht. Experten und Kenner hören ja den Unterschied zwischen Schallplatte und CD heraus, das ist mir Jacke wie Hose, aber der Unterschied zwischen CD-Player und Laptop ist schon gewaltig. Und dann neigt das Programm dazu, die letzten zwei, drei Sekunden eines Titels zu „verschlucken“ und geht dann direkt zum nächsten über. Das mag bei Popsongs ja in Ordnung sein, aber wenn sich zwei Sätze eines Klavierkonzerts so überschneiden, und wenn es auch nur Sekunden sind – da geht mir echt die Galle hoch! Und ich habe keine Ahnung, wie ich das dem Programm abgewöhnen soll.