Montag, Februar 20, 2006

Lost and Found

Donnerstag mittag auf dem Weg zur Arbeit: vor Verlassen der Wohnung noch ein kurzer Griff in die Jackentasche - f***, wo ist meine Monatskarte?!
Handtasche durchwühlt: Fehlanzeige.
Schuhe aus, schnell zurück ins Zimmer und den Papierstapel überprüft, den ich kurz zuvor aus der Handtasche entfernt hatte, ob sie zufällig dahineingeraten ist (obwohl ich sie doch immer in der Jackentasche aufbewahre): Fehlanzeige.
Handtasche erneut durchwühlt: Fehlanzeige.
Zum x-ten Mal in der leeren Jackentasche gesucht: unverändert Fehlanzeige.
Es half alles nichts: ich mußte sie am Mittwoch abend irgendwo zwischen U-Bahn-Station, Videoshop und Wohnung verloren haben. Mich um Ersatz kümmern oder versuchen, an der Station nachzufragen, ob sie vielleicht zufällig gefunden wurde, konnte ich an dem Tag nicht mehr, die Arbeit wartete. Das mußte bis Freitag warten, wenn ich erst um 18:40 anfange und vorher jede Menge Zeit habe.
Der Freitag kam, und als ich am Nachmittag vom Einkaufen zurückkam, war die Post schon durch (in Deutschland kommt die Post vormittags, hier kommt sie nachmittags): drei Ausgaben meiner Zeitung und eine wild mit japanischen Schriftzeichen bedruckte Postkarte, auf der ich nur meinen Namen (in lateinischen Buchstaben geschrieben, dafür fehlte der letzte Buchstabe des Nachnamens) und das Datum 15.2.2006 (=Mittwoch) lesen konnte. Ach ja, und der Absender war irgendwas mit "Osaka-Shi", die Zeichen kenne ich inzwischen.
Was konnte das sein? Ich vermutete einen Zusammenhang mit der verlorenen Fahrkarte, beschloß, die Nachforschungen einen weiteren Tag aufzuschieben und erst mal bei LS nachzufragen, was es mit dieser Postkarte auf sich hatte.
Es war, wie ich vermutet hatte: jemand hatte meine Monatskarte gefunden und dem Stationsaufseher gegeben, der sie an das Fundbüro der U-Bahn weitergeleitet hatte, die sich praktischerweise irgendwo im Gewirr der Namba-Station befand. Und da man bei Erwerb der Monatskarte immer auch Namen und Adresse angeben muß, die dann bei der Erneuerung der Karte überprüft werden, war es den Leuten ein leichtes gewesen, mich zu benachrichtigen.
Eine freundliche Mitarbeiterin von LS hat mir die Wegbeschreibung auf der Postkarte übersetzt, und am Samstag mittag bin ich dann vor der Arbeit schnell da vorbeigegangen und habe meine Monatskarte in Empfang genommen.
Das ist das schöne in Japan: in diesem Land kann man seine Geldbörse samt Monatskarte, Alien Registration Card und weiteren wichtigen Dingen in der U-Bahn liegenlassen (Barbara), und man bekommt alles wieder. Man kann die Einkäufe aus dem einen Geschäft eine halbe Stunde lang im Fahrradkorb liegen lassen, während man noch schnell in den Supermarkt geht, und wenn man dann wiederkommt, ist alles noch da (sofern das Fahrrad angeschlossen war), man kann mitten im Gedränge der U-Bahn minutenlang sein Portemonnaie in der Handtasche verstauen, und es wird nix geklaut. Und man kann seine Monatskarte verlieren, und ein ehrlicher Finder wird sie sofort dem Stationsaufseher übergeben. Und Paul scheint seine Kamera, die er im Shinkansen vergessen hatte, auch wiederbekommen zu haben.

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