Sonntag, November 05, 2006

Reisebericht Teil 2: Um Seen herum und durch Höhlen hindurch

Der Montagmorgen begann mit einer unangenehmen Überraschung: kein warmes Wasser! Na ja, ich habe mir nicht zum ersten Mal den Kopf beim Haarewaschen abgefroren.

Mein erstes Ziel war das Bahnhofsrestaurant, wo ich mir wieder einen guten Kaffee gegönnt habe. Anschließend nahm ich den Bus nach Fuji-Yoshida, die benachbarte Stadt, deren Schrein ich mir ansehen wollte. Der Busfahrer erklärte mir, daß ich am Bahnhof von Fuji-Yoshida umsteigen müsse, und ließ es sich auch nicht nehmen, mir dort die Haltestelle für den richtigen Bus zu zeigen und dann, weil der Bus auch sofort kam, seinen Kollegen darauf hinzuweisen, die Ausländerin am Schrein aussteigen zu lassen. Ich glaube, ich habe es schon einmal gesagt: überall, wo ich in diesem Land hinkomme, treffe ich nette Leute!


Die Bushaltestelle befindet sich direkt neben den ersten großen torii, die den Eingang zum Schreingelände markieren. Unter hohen Bäumen führt von dort ein zu beiden Seiten mit großen moosbewachsenen Steinlaternen gesäumter Weg zu den Schreingebäuden. Obwohl wieder schönes Wetter war und die Sonne schien, war es in der langen Allee ziemlich dämmerig. Nur vereinzelt schafften es ein paar Sonnenstrahlen, das dichte Grün der Bäume zu durchbrechen und ab und an auch eine der Steinlaternen anzuleuchten. Die richtige Einstimmung für den Besuch dieses heiligen Ortes.


Dieser Schrein, genannt Fuji Sengen-jinja, ist der wichtigste der Sengen-Schreine, die den Fuji umgeben und der Vulkangottheit geweiht sind. Seine Ursprünge reichen bis ins erste Jahrtausend zurück. Die heiligen Bäume (auf dem nächsten Bild ist einer davon teilweise zu sehen), die den Schrein beschützen, sind alle über 1000 Jahre alt. Das Hauptgebäude dagegen stammt aus dem Jahr 1615 und ist damit noch relativ neu. ;-) Rechts hinter dem Schrein beginnt der traditionelle Weg zum Gipfel des Fuji. Heute jedoch fahren die meisten mit dem Bus bis zur fünften Station hoch und kraxeln nur die letzten paar Kilometer bis zum Kraterrand.

Der Morgen war kühl, die Luft frisch, und klares Sonnenlicht beschien die Anlage. Andächtig spazierte ich in dieser friedlichen Atmosphäre um die Gebäude herum und bewunderte die altehrwürdigen Bäume mit ihren mächtigen Stämmen und die lustigen Holzstatuen shintoistischer Gottheiten auf der Rückseite des Hauptgebäudes.


Trotz der frühen Stunde (10 Uhr) herrschte am Schrein jedoch eifriger Betrieb. Zeitgleich mit mir erreichte diese Gruppe festlich gekleideter Japaner den Schrein, begab sich langsam (in Kimonos kann man keine großen Schritte machen), aber zielstrebig zum Hauptgebäude, wo sie von den Priestern begrüßt und ins Innere geleitet wurde. Ich kümmerte mich erst einmal nicht weiter darum, sondern schlenderte erst zum heiligen Brunnen und den Nebengebäuden. Als ich mir das Hauptgebäude dann näher ansah, konnte ich einen kurzen Blick ins Innere werfen - das sah nach einer Hochzeit aus! Natürlich bin ich vor Neugirede fast geplatzt, aber bei privaten Feiern Zaungast zu spielen, ist unhöflich. Fotografiert habe ich natürlich auch nicht, sondern bin bald weitergegangen.

Nach einer Weile ging ich wieder zur Bushaltestelle. Ich mußte nur zwanzig Minuten warten, dann ging es direkt und ohne Umsteigen zurück nach Kawaguchiko-eki.

Nachdem ich mir am Vortag die wichtigsten Sehenswürdigkeiten am Kawaguchi-ko angesehen hatte, stand nun ein anderer der fünf Fuji-Seen auf dem Programm. Eine Buslinie führt um den kleinsten der Seen herum, den Sai-ko, den mein Reiseführer außerdem als den schönsten der fünf bezeichnet. Der sollte es also sein.


Hübsch ist er wirklich, und weniger zugebaut als der Kawaguchi-ko. Das dürfte den Autoren meines Reiseführers auch so gut an ihm gefallen haben. Trotzdem gibt es einige Attraktionen mit den unvermeidlichen Omiyageläden in seiner Umgebung.

Am Parkplatz der "Fledermaushöhle" stieg ich das erste Mal aus dem Bus. Der Name hatte mich neugierig gemacht. Am Eingang bekam ich außer der Eintrittskarte einen weißen Schutzhelm in die Hand gedrückt. Mir schwante Übles. Aber zunächst ging es ein ganzes Stück durch einen dichten Wald.


Schließlich stand ich vor dem Höhleneingang. Dort setzte ich den Helm auf, zog die Riemen an und studierte das gelbe Schild, das auf Japanisch und Englisch vor rutschigem Boden und stellenweise niedrigen Decken im Höhleninnern warnte. Dann stieg ich vorsichtig die steile Treppe nach unten (das Treppengeländer aus Bambus war offensichtlich auch eher zu Dekorationszwecken aufgestellt worden) und sah mich in der Höhle um. Fledermäuse waren vorerst nicht zu sehen, darum folgte ich einfach den Schildern, die den Rundgang durch die Höhle wiesen.

Die Höhle entpuppte sich als eine Lavahöhle, die bei einem lang zurückliegenden Ausbruch des Fuji entstanden war. In der Gegend gibt es sehr viele solcher Höhlen, aber nur wenige sind so groß, daß Menschen sie auch betreten können.

Ziemlich bald begriff ich auch den Sinn der Schutzhelme, denn ich krachte schon da mit dem Helm gegen die Decke, wo noch gar kein Warnhinweis angebracht war. Das kommt davon, wenn man einen Zentimeter größer als der Durchschnittsjapaner ist. Kurz darauf wurden die Gänge aber richtig niedrig.


Hier kam auch das ältere japanische Ehepaar, das kurz nach mir die Höhle betreten hatte, nur tief gebückt durch. Der Gang kann nicht viel höher als einen Meter gewesen sein. Ich ging in die Knie, raffte mit der einen Hand die Mantelenden zusammen (meine nächste Übergangsjacke wird definitiv wieder eine Jacke und kein Mantel!) und umklammerte mit der anderen die Handtasche, damit sie nicht von der Schulter in den Schmutz hinabgleiten konnte, und beugte den Oberkörper nach vorne. Unbequem, aber ich kam vorwärts. Nicht ohne alle paar Meter in engen Kontakt mit der Höhlendecke zu geraten. *boing* *klong* *schepper* Die Japaner haben das besser hinbekommen, aber die waren ja auch kleiner als ich. Was war ich froh, daß ich den Helm hatte! Und daß die namensgebenden Fledermäuse nicht zu sehen waren, denn die hätten mir gerade noch gefehlt.

Nach dem Rundgang mußte ich eine Weile auf den Bus warten, dann ging es weiter zur nächsten Attraktion, der Windhöhle. ImUnterschied zur Fledermaushöhle ist sie in meinem Reiseführer sogar auf der Karte eingezeichnet. Hier bekam ich keinen Schutzhelm, denn die Decken sind so hoch, daß man sich den Kopf dort nur schwer anstoßen kann. Aufgrund ihres Namens hatte ich erwartet, einen frischen Luftzug in der Höhle zu verspüren, aber es war einfach nur kalt. Noch kälter als in der Fledermaushöhle. An einer Stelle hatte sich sogar eine große Eisschicht gebildet.


Und dann ging es plötzlich in einen etwas größeren Hohlraum, in dem ein kleiner überdachter Verschlag und viele Regale aufgestellt worden waren. In den Regalen: diese Boxen. Die oberen hatten einen Glaseinsatz, so daß man den Inhalt sehen konnte. Anscheinend werden da Vorräte aufbewahrt.


Wie gesagt, in der Windhöhle konnte man sich den Kopf nur sehr schwer anstoßen, aber keine Regel ohne Ausnahme. Zwei Stellen waren schon etwas gefährlicher. Zum Beispiel dieser Lavaklumpen, der aus der Decke nach unten ragte. Zu Glück war er ausreichend beleuchtet und daher gut zu sehen.

In der Nähe wäre noch eine "Eishöhle" zu besichtigen gewesen, aber zwei Höhlen waren genug und außerdem fuhr der Bus dort nicht entlang. Da habe ich lieber die verbliebenen Stunden des Tageslichts genossen.


Weil ich dennoch wieder auf den Bus warten mußte, blieb ich am Parkplatz der Windhöhle, ließ mich von der Sonne bescheinen und aufwärmen, betrachtete die herbstlich gefärbten Bäume und erwarb ein Mittagessen am Omiyagegeschäft. Danach verschaffte ich mir einen ersten Überblick über das Angebot an Omiyage, aber von einer Tüte Bonbons (für die Kollegen) abgesehen, kaufte ich noch nichts. Dazu hatte ich am Abend in Kawaguchiko noch genügend Zeit.


Als der Bus dann endlich kam, ging es auf der anderen Seite des Sees durch die malerische Berg- und Seelandschaft wieder zurück Richtung Kawaguchiko. Auch der Gipfel des Fuji zeigte sich kurz wieder. Leider auf der falschen Seite des Busses, so daß ich ihn gar nicht mehr fotografieren konnte.


Wieder in Kawaguchiko angekommen, ging ich zurück zum Seeufer, kaufte in einem der zahlreichen Omiyageläden zwei Packungen mit vielen kleinen gebackenen Fujis (die eine wie immer für Kayo, die andere als Mitbringsel für Julia), und spazierte dann noch ein wenig am Ufer entlang. Von einer kleinen Halbinsel aus mit herbstlich gefärbten Sträuchern und Gräsern bewachsenen Lavafelsen hatte ich die beste Aussicht. Da setzte ich mich auf eine der Bänke und schrieb die letzten Postkarten.


Die Sonne näherte sich dem Horizont, es wurde merklich kühler, und so machte ich mich auf den Rückweg in die Jugendherberge. Ich hatte viel gesehen, noch mehr Fotos gemacht, und am anderen Morgen mußte ich wieder früh aufstehen. Erstens mußten alle Gäste die Jugendherberge bis neun verlassen haben, zweitens ging um 9:30 der Bus, der mich nach Tōkyō bringen sollte.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Was genau ist der Sinn des "This Way"-Schildes. Da sind doch Pfeile nach links und rechts darauf.

Ute hat gesagt…

Das machen die Japaner gerne. ;-)

Nee, Spaß beiseite: für ein kurzes Stück hatte sich der Weg gegabelt, und auf beiden Seiten ging es zum Ausgang. Und beide waren in etwa gleich niedrig.