Dienstag, November 28, 2006

Abschiedsessen in mehreren Gängen

Die gute Nachricht vorneweg: ich lebe noch, und abgesehen davon, daß ich pappsatt bin und vermutlich gleich platze, geht es mir gut. Trotz der Unmengen von Kugelfisch, die ich gegessen habe.

Heute mußte ich mich von Kayo verabschieden, und das wurde gut Japanisch mit viel Essen und etwas Sightseeing zwischen den Gängen gefeiert. Um elf Uhr trafen wir uns in Umeda und fuhren mit der Hanshin Line nach Kōbe zum Mittagessen in ein ziemlich schickes Restaurant. Kayo hat dort als Studentin gejobbt und bei der Gelegenheit auch ihren Mann kennengelernt.

Das Mittagessen kam sehr schick daher: überwölbt von hübsch dezent bedrucktem Papier und mit einem gelben Ginkgoblatt, das wirklich nur Deko war. Jedenfalls hat Kayo es beiseite gelegt, und da tat ich es ihr gleich.


Was gab es denn? Das vorne rechts auf dem Tellerchen war Fisch mit einer eingelegten kleinen Pfefferschote (war nur ein bißchen scharf), noch mal ein paar Fischhäppchen (unter dem Papier), auf verschiedene Arten eingelegten Rettich (es kamen noch ein paar Tellerchen mehr), Zuckerschoten, ein Schälchen Suppe und natürlich ein Schälchen Reis. Als Nachtisch gab es eine Art Mangocreme und Kakieis. (Angesichts der gewaltigen Portionen kam mir sofort ein Zitat von Loriot in den Sinn, aber das habe ich klugerweise für mich behalten. Hätte es eh nicht übersetzen können.)

Anschließend mußten wir die Kalorien wieder los werden und gingen daher erst zu einem sehr hübschen Schrein und fuhren dann mit der Seilbahn einen Berg hinauf. Von oben hat man eine schöne Aussicht über Kōbe, den Hafen und die Bucht. Außerdem gibt es dort einen "Kräuterpark", in dem man Küchen-, Heil- und sonstige Kräuter (Hauptsache, es riecht gut) in kleinen Beeten und einem Treibhaus wachsen sehen kann. Im dazugehörigen Restaurant gibt es mit diesen Kräutern gewürzte Gerichte (wenn es dort nichts zu essen gäbe, könnte man vermutlich auch keinen Japaner auf diesen Berg locken).

Hier haben wir aber nichts gegessen, sondern sind nach einer Weile wieder nach unten gefahren und dann mit der Bahn eine Station weiter zum Kōbe Harborland gefahren. Alle Bauwerke in diesem Gebiet sind nach dem großen Erdbeben vor inzwischen beinahe zwölf Jahren errichtet worden.

Im Harborland sind Kayo und ich zuerst in den "Sweets Harbor" gegangen, wo es jede Menge kleiner Cafés mit leckersten Törtchen gibt. Wir sind eine ganze Weile nur herumgegangen, haben die Törtchen bewundert und uns nicht entscheiden können.


Es endete dann bei (für japanische Verhältnisse riesigen) Erdbeerkuchen und Kaffee. Den man bei dem Preis auch ruhig in einer ordentlichen Tasse statt im Pappbecher hätte servieren können, aber das nur nebenbei.

Nach dieser Stärkung sind wir eine Weile im Harborland herumspaziert und haben einen Schaufensterbummel gemacht. Dann fuhren wir nach Umeda zurück, machten einen weiteren Einkaufsbummel in einem der großen Kaufhäuser, und weil dann immer noch massig Zeit bis zum Abendessen war, setzten wir uns auf einen Saft in ein Café und ruhten uns aus.

Das Restaurant, in dem wir uns mit Kayos Mann Hirofumi verabredet hatten, lag in einer ruhigen (für hiesige Verhältnisse) Seitenstraße. Kayo geht dort oft mit einer Freundin essen. Ein sehr gemütliches Restaurant, kann ich nicht anders sagen. Für die Gäste gibt es kleinere und größere Separées, so daß man wirklich unter sich ist.

Hirofumi kam ein paar Minuten später, und bis dahin hatten wir schon längst die Vorspeise serviert bekommen:


Haut vom Kugelfisch auf undefinierbarem Grünzeug und Rettich mit einer leckeren Senf-Essig-Sauce. Die mit ihrem Geschmack den Fisch komplett überdeckt hat. Von der Haut ist mir nur die etwas zähe Konsistenz in Erinnerung geblieben.


Auf diesem schicken Teller gab es den nächsten Gang: rohes Filet vom Kugelfisch mit Rettich und Frühlingszwiebel (rechts), das man erst mit Zitronensaft beträufelt und dann in die Sojasauce in dem kleinen Schälchen tunkt, und rohes Filet vom Kugelfisch mit Rettich und etwas Grünzeug in einer leckeren Sauce (links). Während wir noch beim Essen saßen, bekam jeder eine kleine Schale mit Kugelfischsuppe gereicht (Suppe mit ein, zwei gebratenen Flossen vom Kugelfisch darin).

Danach wurde es spannend. Die leeren Teller und Schälchen wurden weggeräumt, um in der Mitte des Tisches Platz für einen tragbaren Gasgrill zu schaffen, auf dem wir uns den Kugelfisch dann selbst braten konnten.


Links: gesalzener Kugelfisch. Rechts: in Zitronensaft eingelegter Kugelfisch. In der Mitte, gut in Alufolie verpackt: Kugelfisch, der mit Käse überbacken wurde. Hat alles gut geschmeckt, aber der mit Zitrone war am besten.

Mein Magen war danach schon gut gefüllt, daher stöhnte ich innerlich auf, als die Bedienung den Gasgrill entfernte, die in den Tisch integrierte Herdplatte anschmiß und einen Topf mit Wasser darauf stellte.


Danaben kam dann dieser Holzbottich mit noch mehr Kugelfisch, kleinen Pilzen (naja), etwas, das wie kleine Plastikkabel aussah, aber eßbar ist (Hirofumis elektronisches Wörterbuch übersetzte den japanischen Namen für mich mit Agar-Agar - züchten Biologen nicht irgendwas auf dem Zeugs?), und jede Menge Chinakohl. Das alles wurde von Kayo gekonnt in das inzwischen kochende Wasser geworfen. Nach einigen Minuten konnten wir uns das nun gegarte Essen in mit einer Soja-Essig-Sauce gefüllte Schale füllen und dann essen. Etwas sauer, aber lecker.

Als der Topf wieder fast leer war, rief Kayo die Bedienung herbei, die das Wasser mit etwas Salz würzte, eine große Portion gekochten Reis und verquirlte Eier hineingab und das ganze anschließend mit Zwiebeln und einem Gewürz (Pfeffer?) abschmeckte. Jeder bekam ein Schälchen voll, das oben mit etwas in dünne, kurze Streifen geschnittenem Nori (getrockneter Seetang) garniert wurde.

Jetzt ist es an der Zeit, die wichtigste Frage des Tages zu beantworten: wie schmeckt eigentlich Kugelfisch? Nicht schlecht, aber so besonders fand ich den Geschmack nun auch wieder nicht. Fisch halt. Das aufregende daran muß wohl wirklich der Nervenkitzel sein, weil die Innereien des Fisches, sofern man ihn frisch aus dem Meer statt aus dem Zuchtbecken holt, extrem giftig sind und das Essen tödlich enden kann, falls der Koch das Fleisch nicht sorgfältig genug abgeschnitten hat. Trotzdem war es ein leckeres und dazu noch stilvolles Essen.

Danach kam endlich der Nachtisch. Etwas großzügig auf dem großen Teller verteilt, aber ich konnte wirklich nicht mehr viel hinunterbekommen.

Dann war es Zeit für die obligatorischen Gruppenfotos.


Kayo, Hirofumi und ich.


Am Ausgang, da, wo wir uns die Schuhe wieder anzogen, vor dem Aquarium mit den Kugelfischen, die erst morgen gegessen werden.

An der U-Bahnstation in Umeda haben wir uns dann auf Wiedersehen gesagt. Es war ein trauriger Abschied. Kayo ist mir in den vergangenen Monaten eine gute Freundin geworden, und obwohl unsere jeweiligen Sprachkenntnisse noch recht rudimentär sind, haben wir so manche gute Unterhaltung gehabt. Ich werde sie gewaltig vermissen.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Menüs beim Japaner sind immer hinterhältig. Wenn du Hunger hast, bekommst du immer nur so kleine Häppchen und wenn du eigentlich so langsam satt bist, geht's erst richtig los. War zumindest bei meinem 18. Geburtstag so, als wir zum Japanisch essen gegangen sind. :)

Ich weiß nicht, vor Fugu hätte ich doch Schiss irgendwie...

Ute hat gesagt…

Ich hatte auch ein mehr als mulmiges Gefühl, als Kayo mir erklärte, wir würden Fugu essen gehen, aber sie hat sich so darauf gefreut, daß es kein Zurück mehr gab. Ist ja auch alles gut gegangen.

Außerdem sagt der Wikipedia-Artikel, den ich im Eintrag vom Tag davor verlinkt habe, daß die in Gefangenschaft speziell für den Verzehr gezüchteten Fugus gar nicht giftig seien. Das hat mich ein bißchen beruhigt.