Am Montag hieß es früh aufstehen nach der Spätschicht am Sonntagabend, denn um 11 Uhr ging mein Flieger nach Miyazaki. Mit dem Flughafenbus ging es bequem vom Bahnhof Shin Ōsaka direkt vor den Eingang des Itami Flughafens. Das ist der Flughafen, in dessen Einflugschneise ich wohne. Itami war mal der große Flughafen Ōsakas, bis dann der Flughafen Kansai eröffnet wurde. Seitdem werden in Itami hauptsächlich Inlandsflüge abgefertigt.
In Ōsaka war es - wie auf dem Foto unschwer zu sehen - dicht bewölkt. Aber schon bald überflogen wir die Südküste von Shikoku, der kleinsten der vier japanischen Hauptinseln, und dort brach die Wolkendecke allmählich auf.
Glücklicherweise hatte ich einen Fensterplatz, und so war ich den größten Teil des gut einstündigen Fluges mit ausgiebigem Hingucken beschäftigt. Ich bin ja bislang noch nicht so viel geflogen. Zugfahren finde ich nach wie vor viel schöner. Aber faszinierend war die Aussicht dennoch.
Unter all den Flugpassagieren war ich die einzige Ausländerin, zumindest die einzige Weiße. Vielleicht waren ja auch noch ein paar Chinesen oder Koreaner dabei, aber die sind hier einfach weniger auffällig. Jedenfalls konnte mich des Verdachts nicht erwehren, daß die englische Version der Durchsagen einzig für mich abgespielt wurde.
Ankunft um kurz nach zwölf in Miyazaki: Sonnenschein, ein palmengesäumter Flughafenvorplatz - und wenig Zeit, weil sich der Bus bereits näherte und ich noch den Fahrpreis rausfinden und ein Ticket am Automaten kaufen mußte. Aber wenigstens hatte ich in der Ankunftshalle am Schalter der Touristeninformation noch ein paar Broschüren und Faltblätter auf Englisch abstauben können. Die waren bei der Orientierung sehr hilfreich, denn eine enthielt einen detaillierten Plan des Stadtzentrums (und einen weniger detaillierten Plan des gesamten Stadtgebiets), auf dem sogar mein Hotel verzeichnet war. Einfacher geht's nicht.
Et voilà: mein Hotelzimmer. Klein, aber fein. Die Hauptattraktion war natürlich das Bett. Das letzte Mal habe ich vor gut fünf Monaten in einem Bett geschlafen. In dem Hotel in Hiroshima.
Ich habe allerdings nur meinen Koffer abgestellt, mich kurz frisch gemacht und die Einrichtung des Zimmers inspiziert, dann bin ich gleich zur ersten Runde der Stadterkundung losgezogen. Gut ausgerüstet mit meinem Reiseführer und dem Infomaterial vom Flughafen. Dachte ich.
Mein Reiseführer hatte mich schon vorgewarnt, daß die Stadt selbst nicht sooo viele Attraktionen zu bieten hat. Das stimmt. Miyazaki ist erst einmal eine ganz normale japanische Stadt mit vielen häßlichen Wohn- und Geschäftshäusern. Natürlich ist sie ein paar Nummern kleiner als Ōsaka. Und nicht ganz so häßlich. Aber die Mittelstreifen der beiden Hauptstraßen, die sich im Stadtzentrum kreuzen, sind mit hohen Palmen bewachsen. Klasse.
An der Bushaltestelle wurde ich das erste Mal von einer Frau mittleren Alters angesprochen, natürlich auf Japanisch: "Woher kommen Sie? Amerika? Kanada?" Aus Deutschland. "Deutschland?! Fußball!!" Ihr Vater erzählte dann irgendwas von guten deutschen Flugzeugen. "Ach so?" "Ja, deutsche Flugzeuge. Messerschmitt!" "Hmhm ..."
Erst einmal ging es zum Bahnhof Miyazaki. An der dortigen Touristeninformation gab es noch mehr Material zum Mitnehmen. Darunter überraschenderweise eine lesenswerte Broschüre mit dem wohlklingenden Namen "Entdecken Sie Miyazaki". Deutsch!
Vom Bahnhof ging es eine Station weiter zum Miyazaki-jingū, dem wichtigsten Schrein der Stadt, idyllisch in einem kleinen Wäldchen gelegen. Außerdem befinden sich noch einige Museen hinter dem Schrein, aber die hatten am Montag natürlich alle geschlossen, wie überall in Japan.
Viel war da nicht los. Es war einfach ein warmer, sonniger Spätsommernachmittag, wie geschaffen für eine Siesta. Nur ein paar Hühner (?!) liefen frei herum. Die Vögel sangen, und große Spinnen lauerten in der Mitte ihrer großen Netze auf Beute. *schauder*
Das also ist der Miyazaki-jingū. Wie das bei den japanischen Schreinen so ist: im Gegensatz zu den Tempeln gibt es außer an Festtagen gewöhnlich nicht viel zu sehen. Aber dieser Schrein ist dem ersten japanischen Kaiser, Jimmu Tennō, geweiht, und daher wichtig.
Ein paar Leute waren zum Beten gekommen, aber natürlich war ich die einzige Ausländerin und bin entsprechend aufgefallen. Wieder wurde ich angesprochen. Konnte ich wieder mein bißchen Japanisch ausprobieren. ;-)
Weil in diesem Schrein der Begründer der Kaiserfamilie verehrt wird, sind die Tore und die kleinen Vorhänge über dem Eingang (im Bild links oben undeutlich zu erkennen) mit dem Kaiserlichen Siegel geschmückt. Dieses stellt eine stilisierte Chrysantheme mit sechszehn Blütenblättern dar. Das Zeichen hatte ich schon im Kaiserpalast in Kyōto gesehen, und es sollte mir später noch einmal begegnen.
Vom Schrein wollte ich dann die zweite Sehenswürdigkeit von Miyazaki besichtigen, den Heiwadai-kōen. In diesem Park gibt es einen Friedensturm und - was ich v.a. sehen wollte - den sogenannten Haniwa Garten. Haniwa sind Tonfiguren, die in Grabhügeln aus dem 4. Jahrhundert gefunden worden sind. Kopien dieser Tonfiguren sind in dem Garten zwischen Bäumen aufgestellt.
Mein Reiseführer sagte, daß dieser Park nicht weit entfernt sei, auch wenn er außerhalb des im Buch abgedruckten Ausschnitts des Stadtplans liegt. Aber ich hatte ja noch die Übersichtskarte von der Touristeninformation, und dann sollte ja auch ein Bus dahin fahren. In der Praxis erwies es sich dann aber als eher schwierig. Der erste Bus, der vorbeikam, fuhr nicht in die Richtung, und als ich den Busfahrer fragte, wo denn der Bus zum Heiwadai-kōen halten würde, zeigte er unbestimmt nach links und überschüttete mich mit einem unverständlichen Wortschwall. Daß die Leute aber auch einfach nicht ihre Sprechgeschwindigkeit reduzieren können, wenn sie mit einem Ausländer sprechen ...
Natürlich habe ich die andere Bushaltestelle nicht gefunden und bin dann erst einmal zu Fuß weiter. An einer Tankstelle habe ich wieder nach dem Weg gefragt, aber auch nicht viel mehr als eine ungefähre Richtungsangabe verstanden.
Am Ende befand ich mich in einer kleinen Straße, von der aus ich zumindest den Friedensturm sehen konnte. Doch ganz schön weit. Weit und breit keine Menschen zu sehen, mit Ausnahme einer älteren Frau, die die Blumen vor ihrer Haustür goß. Also habe ich sie gefragt. Nun hatte ich schon in der kurzen Zeit meines Aufenthaltes festgestellt, daß die Leute in Miyazaki sehr freundlich und hilfsbereit sind. Diese Frau war die Ausnahme. Zu ihren Gunsten will ich mal annehmen, daß sie schlicht von der Ausländerin eingeschüchtert war, die da plötzlich in ihrer Auffahrt stand und zwei Köpfe größer war. Jedenfalls hat sie kaum ein Wort gesagt und mich nur in die Richtung geschickt, aus der ich gerade gekommen war. *Frust*
Es war heiß, ich hatte keine Ahnung, wo ich mich befand, und außerdem machte sich mein Magen vernehmlich. Also bin ich einfach zu der Bushaltestellte vor dem Schrein zurück und habe den ersten Bus Richtung Stadtzentrum genommen, der erwartungsgemäß auch an der großen Kreuzung hielt. Dort habe ich dann nach einigem Suchen ein nettes Restaurant gefunden und ein Chicken Namban gegessen. Das ist eine Spezialität aus Miyazaki, frittiertes Huhn mit einer leicht sauren Tartarsauce. Lecker!
Danach bin ich noch ein wenig im Stadtzentrum herumgeschlendert, wo die Gefahr, sich zu verlaufen, nicht so groß war, und dann irgendwann ins Hotel zurückgekehrt. Ich war müde, denn wenn ich nach meiner Spätschicht schon um sieben aufstehen muß, wirft mich das aus meinem Biorhythmus. Außerdem wollte ich am nächsten Tag nach Kagoshima fahren, und da mußte ich früh los.
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1 Kommentar:
Bei dem ersten Bild habe ich zuerst gedacht, was das für komische Wolken sind, mit diesen quadratischen, hellen Flecken. Bei der Vergrößerung ist mir dann aufgefallen, dass das Spiegelungen in der Scheibe sind. Aber am Anfang sah das sehr merkwürdig aus, als wenn die Wolkendecke ein Dach mit Lucken wäre. Ansonsten wieder schöne Fotos, besonders das mit den Katzen.
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