Mittwoch, Oktober 26, 2005

OJT - second day

Heute hatte ich also meine allererste reale Unterrichtsstunde mit richtigen Schülern. Und die zweite reale Stunde folgte dann auch kurz darauf.

Zunächst hat mich André aber noch weiter mit den Feinheiten der Technik bekannt gemacht. Und zwar: wie logge ich mich ein, und wie checke ich mich ein. Das sind durchaus zwei verschiedene Dinge, zumindest wenn irgendein technisches Problem auftaucht und ich den Technical Support rufen muß.

„Einloggen“ bedeutet: ich melde mich mit meiner Instructor-ID und meiner persönlichen PIN-Nummer (die wir uns zum Glück selber aussuchen dürfen, also kann man was nehmen, was man nicht so leicht vergißt) in dem Computersystem an und erhalte so Zugang zu meinem persönlichen Stundenplan samt den Infos über die Schüler.

„Einchecken“ bedeutet: ich stelle die Verbindung zu dem Videosystem her, das den Fernunterricht überhaupt erst möglich macht (kleine Info nebenbei: ich hatte heute Schüler aus Tokio und Yokohama).

Wenn ich meinen Stundenplan einsehe, kann und muß ich mir auch ansehen, wer meine Schüler sind, erhalte Einblick in eine Übersicht ihrer letzten Stunden (welche Lektion mit welchem Thema wurde durchgenommen, war die Lektion komplett, wie haben sich die Schüler geschlagen, welche Kommentare haben die früheren Lehrer hinterlassen etc.). Es ist das Prinzip von Nova, daß jeder lernen kann, wann er dazu Lust und Zeit hat. Also kann man morgens anrufen und sagen „hallo, ich möchte heute Deutsch lernen, ist noch was frei?“, und dann heißt es vielleicht „ja, um 19:30 ist noch ein Platz frei“. Deswegen muß man regelmäßig überprüfen, ob der Stundenplan, den man zu Beginn seiner Schicht eingesehen hat, nach ein paar Stunden immer noch aktuell ist. Das bedeutet aber auch: die Zusammensetzung der Gruppen ändert sich ständig, man muß nachsehen, welche Lektionen noch keiner der drei Schüler absolviert hat, und wie das Niveau der Schüler ist.

All das hat André mir erklärt, ich habe aufmerksam und interessiert zugehört, und dann gefragt, wieviel Zeit mir nach einer Stunde bleibt, um die ganzen Infos und Bewertungen in den Computer einzugeben. Zwei Minuten. Deshalb muß man schon während der Stunde möglichst viel eingeben, um hinterher die Bude schnell zu räumen, denn man kann nicht damit rechnen, mehrere Stunden hintereinander in derselben Bude zu sitzen. Und jede Pause zwischen zwei Stunden (à 40 Minuten) dauert nur zehn Minuten. *Kinnlade unten*

Nachdem ich mich von diesem Schreck erholt hatte, haben wir uns mit der Vorbereitung meiner ersten Stunde beschäftigt (hatte ich schon erwähnt, daß ich nach Beendigung des Trainings immer nur wenige Minuten Vorbereitungszeit habe?).

Nachdem ich gestern eine absolute Anfängerin unterrichtet hatte, waren meine ersten Schüler heute schon weit fortgeschrittene Anfänger. Eine davon sogar sehr weit fortgeschritten und mit einem großen Wortschatz. Die würde also immer mein erstes „Opfer“ werden, wenn es darum gehen sollte, das Prinzip eines Rollenspiels zu erklären, um den anderen zu demonstrieren, was sie als nächstes tun sollten.

Als Thema hatte ich mir „Wegbeschreibungen“ ausgesucht (mein Lieblingsthema (har, har) im Polnischunterricht), und die Stunde lief erstaunlicherweise sogar ziemlich gut. Besonders beeindruckt war André von meinem Timing, da hat jeder Teil genauso lange gedauert, wie es im Handbuch steht. Die Einführung des neuen Wortschatzes lief ein bißchen chaotisch ab, aber ich habe es zwischendurch selbst gemerkt und noch rechtzeitig die Kurve gekratzt. Den etwas schwächeren Schüler habe ich auch gut einbinden können.

Es war wirklich Glück, daß meine erste Gruppe so gut war und alles so gut gelaufen ist, denn mit der zweiten Gruppe war es eine echte Katastrophe. Daß es schwierig werden würde, hatte ich schon bei der Vorbereitung auf die Stunde realisiert, denn ein Schüler hat schon sehr lange auf diesem Level gelernt und in den früheren Stunden sehr positive Einschätzungen erhalten, während die anderen beiden gerade mal auf dieses Level gekommen waren.

Diese beiden haben mich kaum verstanden, und wenn ich sie immer gefragt habe, „ist alles o.k.?“, um herauszubekommen, ob sie alles verstanden hatten, haben sie manchmal auch gesagt, daß alles klar wäre, während sie in Wirklichkeit nichts kapiert hatten. Deshalb hat der Language Input viel länger gedauert als geplant, den kurzen Teil mit dem Hörverstehen habe ich deshalb auslassen müssen (wie gut, daß André mir den Tip vorher noch gegeben hatte!!!), und bin von da aus gleich zur Application, dem Anwenden des Gelernten, übergegangen, wobei ich den beiden wieder viel helfen mußte, z.B. indem ich ihnen die Fragen oder Antworten vorgegeben habe. Der dritte im Bunde tat mir echt leid, er hätte viel mehr lernen können, aber er kam auch von sich aus mit anderen Antwortmöglichkeiten und hat von mir ein paar Extravokabeln bekommen.

André meinte hinterher, die Gruppe wäre wirklich schwierig gewesen, aber ich hätte das auch ganz gut hingekriegt. Um zu merken, wann ein Schüler nur vorgibt, etwas verstanden zu haben, weil er sich nicht traut, fehle mir einfach die Erfahrung, und mit der Zeit würde ich das schon lernen. Mein Timing war wieder sehr gut, den kurzen Hörteil wegzulassen war genau richtig.

Trotz des Lobes: ich bin froh, daß das nicht meine erste Stunde heute war, denn das hätte mich arg entmutigt. So sehe ich das ganze schon viel gelassener.

Morgen habe ich nur noch ein bißchen Vorbereitungszeit (aber ich bin heute ja auch immer früher damit fertig gewesen) und drei Unterrichtsstunden. Zwei davon direkt hintereinander mit Budenwechsel. Streß pur. Und eine Gruppe ist schon ziemlich weit fortgeschritten.

Zuerst habe ich aber noch eine Observation, d.h. ich sehe einem Kollegen bei der Arbeit zu, und diesmal nicht auf DVD, sondern live.

Dann ist mein Anfangstraining beendet, und ab Samstag (Freitag dürfen wir Neuen uns alle noch einmal ausruhen) wird es dann richtig ernst. Weitere Trainingseinheiten folgen, aber wann die stattfinden, erfahre ich erst morgen.

1 Kommentar:

Sabine hat gesagt…

Nanu, gar keine Neuigkeiten aus Japan mehr?

Wie klappt das WG-Leben? Habt ihr die Wohnung wieder auf Vordermann gebracht?

Was bietet die Umgebung und das japanische Essen? Was tust Du den ganzen Tag, wenn Du frei hast? Ja, ich weiß, heute mußt Du arbeiten: ich hoffe, es war nicht zu schrecklich (für die Schüler *g*).

Viele Grüße aus der Bib in BA!