Sonntag, Januar 07, 2007
Neues Jahr, neuer Blog
In diesem Sinne wünsche ich meinen Lesern etwas verspätet ein frohes neues Jahr und hoffe, Euch mit dem neuen Blog genauso gut unterhalten zu können wie mit dem alten.
Über den korrekten Umgang mit einem hilfesuchenden Ausländer
Über ein Jahr lang habe ich in Japan Deutsch unterrichtet und gleichzeitig auch Japanisch gelernt, um in dem fremden Land besser zurechtkommen zu können. Ich habe die Schwierigkeiten, die mit dem Erlernen einer Fremdsprache verbunden sind, also aus beiden Perspektiven kennengelernt. Daher möchte ich zum Abschluß meines Japantagebuchs eine kleine Handreichung für den angemessenen Umgang mit ausländischen Touristen geben. Der Einfachheit halber gehe ich mal von meinen ehemaligen japanischen Schülern aus, aber natürlich gilt das, was ich hier aufschreibe, auch für alle anderen Weltbürger.
1.) Stell Dir bitte folgende Situation vor: auf dem Bahnsteig kommt ein Japaner auf Dich zu und fragt mit hörbarem Akzent, aber in dennoch einigermaßen flüssigem Deutsch: „Entschuldigung, fährt dieser Zug nach Berlin?“
Es ist natürlich durchaus möglich, daß Dein Gesprächspartner Germanistik studiert hat, seit mehreren Jahren in Deutschland lebt und fließend Deutsch spricht. Es ist aber genauso gut möglich (und davon solltest Du besser ausgehen), daß er die letzten fünf Minuten lang auf dem Bahnsteig gestanden und nach einem sympathisch und hilfsbereit aussehenden Einheimischen Ausschau gehalten hat, bis sein Blick auf Dich fiel. Gleichzeitig hat er den Fragesatz in Gedanken immer wieder neu aufgesagt, um jetzt bloß nichts falsch zu machen.
In diesem Fall erwartet er nur eine einfache Antwort auf die Frage, nämlich ein klares „Ja“ oder „Nein“. Mehr nicht. Und schon gar nicht erwartet er Sätze wie „Sicher, das ist doch der IC, der hält in Zoo und jetzt auch im neuen Hauptbahnhof.“ Bei der Antwort sind Verwirrung und Verzweiflung des Touristen vorprogrammiert.
Genau so etwas ist mir in Japan passiert. Auf die einfache Frage „Entschuldigung, ist das der Zug nach Takarazuka?“ überschüttete mich eine freundliche Japanerin mit einem Wortschwall, von dem ich absolut nichts verstehen konnte. Es ist das alte Problem: die Leute halten sich einfach nicht an die Dialoge aus den Sprachlehrbüchern.
2.) Ortswechsel. Unser ausländischer Tourist steht, mit seinem Reiseführer bewaffnet, ratlos mitten in Berlin und sucht, sagen wir mal, die Museumsinsel. Die kleinen Stadtpläne in Reiseführern zeichnen sich nicht immer durch größte Genauigkeit aus, das weiß jeder, der schon mal versucht hat, sich nur mit Hilfe der Stadtplanausschnitte in einer fremden Stadt zurechtzufinden. Ich habe mich damit schon in Miyazaki verlaufen, warum sollte es also einem Japaner in Deutschland besser ergehen?
„Entschuldigen Sie bitte, wie komme ich zur Museumsinsel?“
Das ist jetzt keine einfache Ja-Nein-Frage mehr. Hier ist etwas längere Antwort gefordert.
Folgende Antwort kann er NICHT verstehen:
„Dasisganzeinfach. Gehnsegradausbiszurzwein *nuschelnuschelnuschel...“
Wer, bitte schön, soll das verstehen?! Also: Schön langsam sprechen. Gaaaaanz laaangsam. Und deutlich, ohne die Hälfte der Silben zu verschlucken. Mund auf beim Sprechen!!
Folgende Antwort kann er auch nicht verstehen:
„Du gehen gradeaus. Zwei Kreuzung. Dann du abbiegen links. Nächste Kreuzung du rechts abbiegen. Dann du rechts sehen Museumsinsel.“
Welche Sprache soll das sein?! Deutsch ist es jedenfalls nicht. Eher ein Zeichen dafür, daß der Sprecher in seiner grenzenlosen Beschränktheit sein Gegenüber für doof hält.
Wer im Nova-Sprachkurs bis zur Lektion „Einfache Wegbeschreibungen geben“ gekommen ist, kann folgende Antwort verstehen (gerne auch durch Gestik unterstützt):
„Das ist ganz einfach. Gehen Sie geradeaus bis zur zweiten Kreuzung. Da biegen Sie links ab und gehen geradeaus weiter. Dann biegen Sie an der nächsten/ersten Kreuzung rechts ab. Dann sehen Sie die Museumsinsel auf der rechten Seite.“
Wenn langsam und deutlich gesprochen wird, versteht sich. Ich weiß, ich wiederhole mich, aber es ist mir selbst sooo oft passiert, daß Japaner aus einer halbwegs flüssig gestammelten Frage meinerseits auf perfekte Beherrschung des Japanischen geschlossen und entsprechend geantwortet haben.
3. ) Es gibt aber auch Situationen, in denen einfach formulierte Antworten einfach nicht ausreichend sind. "Welches Dressing möchten Sie?" In dieser Situation muß ich als Muttersprachlerin schon oft genug nachfragen. "Was gibt es denn?". "Cocktail, French, Knoblauch, und Remoulade." In der Regel wird mir das von der Bedienung mit unglaublichem Sprechtempo um die Ohren geknallt. Ich wähle in der Regel das aus, was ich verstanden habe.
Falls der Japaner das zufällig verstanden haben sollte, wird ihm das nicht viel weiterhelfen. Was um alles in der Welt ist "Remoulade"? Oder "Knoblauch"? Er wird jetzt nicht das Wörterbuch herauskramen, während die zehn Leute hinter ihm in der Schlange hörbar ungeduldig werden. Da hilft nur eines: triff Du einfach die Entscheidung (ich würde irgendwas ohne Knofi nehmen), dann ist allen geholfen.
Zum Schluß noch ein paar kleinere Anmerkungen.
Wenn der Tourist sich schon die Mühe gibt und Dir auf Deutsch eine Frage stellt, kannst Du ruhig auch auf Deutsch antworten. Zwar (ich weiß, ich wiederhole mich) langsam und deutlich, aber auf Deutsch. Wenn er die Antwort beim ersten Mal nicht versteht, darfst sie gerne noch einmal wiederholt werden. Noch eine Spur langsamer und, wenn möglich, mit einfacheren Formulierungen. Wenn er es dann immer noch nicht versteht, kann man immer noch ins Englische ausweichen. Aber bitte nicht eher. Gönn ihm doch das Erfolgserlebnis, Deutsch gesprochen und vor allem verstanden zu haben!
Ebenfalls sehr wichtig: mach bitte nicht den Fehler, mangelnde Deutschkenntnisse mit einem niedrigen Intelligenzquotienten gleichzusetzen. Der japanische Tourist ist nicht blöd, er hat nur eine andere Muttersprache. Bevor Du Dich darüber aufregst: wie gut ist denn Dein Japanisch, hm? Na, bitte.
Sonntag, Dezember 24, 2006
Dienstag, Dezember 19, 2006
Weihnachtsrätsel
Sonntag, Dezember 17, 2006
Ein letztes Andenken
Bei Julia hatte ich zum ersten Mal ein Tempelbuch (ich habe keine Ahnung, wie das Ding auf Japanisch heißt) gesehen, und als ich dann im ersten Tempel diese Bücher zum Verkauf ausgestellt vorfand, habe ich dann doch spontan zugegriffen. Das Buch läßt sich aufklappen wie ein Leporello, und die Seiten sind alle noch leer. In jedem Tempel kann man sich gegen einen kleinen Obolus den Namen des Tempels, das Datum des Besuchs und noch einen kleinen Spruch (?) in schöner Kalligraphie hineinschreiben, nein!, -malen lassen.
In Tempel Nummer 4 (dessen Namen ich vergessen habe) war dafür ein freundlicher Mönch zuständig, den ich darum auch fragte, ob ich ihn fotografieren dürfe. Und dann sah ich weiter fasziniert zu, wie er mit dem Pinsel die Schriftzeichen liebevoll aufs Papier malte und anschließend diverse rote Stempel auf die Seite drückte.
Nach getaner Arbeit klappte er das Buch vorsichtig wieder zusammen und bemerkte den schmalen hellen Streifen auf der Vorderseite. Da gehört der Name drauf. "Soll ich Ihren Namen da hinschreiben?" Klar!
Ich muß gestehen, da habe ich dann ein bißchen gepennt. Denn ich war davon ausgegangen, daß er mir meinen Namen in Katakana hinschreibt. Er wählte aber Kanji aus. Und auch wenn ich von seinen Erklärungen doch nicht allzu viel verstanden habe, war mir doch eines klar: der gute Mann hatte etwas falsch verstanden und meinem Namen noch einen Buchstaben angefügt.
Die beiden unteren Zeichen sollen für meinen Namen stehen. Das untere Kanji kenne ich sogar, es steht für "Himmel". Und eine Lesung lautet: "ten". Da steht jetzt also "Uten" als mein Name. Wie gesagt, ich habe etwas gepennt. Hätte ich besser "Uta" statt "Ute" gesagt. "Uta" heißt nämlich "Lied" und hat ein eigenes Kanji. Meine Freunde in Rußland und Weißrußland nennen mich schließlich auch "Uta". Na ja. Kollege Hans hat mir später die Bedeutung der beiden Kanji erklärt. Sie lassen sich u.a. mit "Großer Himmel", "von himmlischer Großmütigkeit" oder auch "Haus im Himmel" übersetzen. Gefällt mir. Da hat sich der Mönch schöne Kanji ausgesucht.
Die Tinte mußte noch trocknen, und so setzte ich mich für eine Weile auf die nächste Aussichtsterasse und sah mir den Garten an. Da kam plötzlich eine Frau herbeigeeilt, die in dem kleinen Zimmerchen gesessen hatte, wo der Mönch gearbeitet hatte. Sie gab mir einen kleinen Kalender mit zwölf Bildern des Tempels. Ein Geschenk! Warum? Ich weiß es nicht. Vielleicht, weil ich eine seltene ausländische Besucherin war, dazu noch mit Japanischkenntnissen? Jedenfalls hat es mich sehr gefreut, und der Kalender hat jetzt einen Ehrenplatz in meinem Zimmer.
Freitag, Dezember 08, 2006
Reise nach Bad Oeynhausen
Dienstag, 5:15 Ortszeit in Ōsaka: nach einer durchwachten Nacht verlasse ich auf Zehenspitzen die Wohnung, um niemanden zu wecken - von den Mitbewohnerinnen hatte ich mich schon am Abend vorher verabschiedet - und ziehe mit dem Handgepäck Richtung Bahnhof. Das Handgepäck bestand aus dem kleinen Trolley, zu dem wiederum eine passende Laptoptasche gehört, der großen Handtasche, der kleinen Handtasche, dem großen Schirm und der Plastiktüte mit einem wunderbar weichen Kissen (Abschiedsgeschenk von George).
Am Bahnhof habe ich die große Reisetasche aus dem Schließfach gewuchtet und den Aufzug gesucht (der in der Ecke hinter den Schließfächern gut versteckt ist, aber ich bin natürlich mit meinen ganzen Taschen in die falsche Richtung gelatscht ...). Auf dem Bahnsteig hieß es dann erst einmal: warten. Prompt wurde ich noch einmal von einer Japanerin angequatscht. Woher, wohin, und was machen Sie in Japan. Eigentlich war ich viel zu müde, um mich in irgendeiner Sprache zu unterhalten, habe es aber doch einigermaßen hinbekommen.
Vom Flughafenexpreß aus konnte ich den Sonnenaufgang über Ōsaka beobachten - wenn ich nicht gerade gegen die Müdigkeit ankämpfte. Um Viertel nach sieben war ich am Flughafen, habe mir einen Gepäckwagen besorgt, damit ich nicht länger je eine Tasche an jedem Arm hinter mir herziehen mußte, und habe den Schalter von Korean Air aufgesucht. Das Einchecken ging erfreulich schnell, und obwohl die Tasche garantiert schwerer als 20 kg war, mußte ich NIX dazu bezahlen.
Das Flugzeug von Ōsaka nach Seoul hob pünktlich ab. Von diesem Flug habe ich das meiste verschlafen. Ich hatte meinen Platz eingenommen, das Kissen rausgeholt und es mir bequem gemacht. Ich schlief praktisch schon, bevor das Flugzeug in der Luft war. Der Duft nach frischem Kaffee weckte mich dann pünktlich zum Frühstück (Sashimi) wieder auf, aber sobald die Stewardess das Tablett wieder eingesammelt hatte, lehnte ich mich wieder an die Flugzeugwand (schön, wenn man einen Fensterplatz hat!) und schlief weiter. Das nächste Mal wurde ich wach, weil das Flugzeug so ruckelte. Oh, dachte ich, sind wir etwa in Turbulenzen geraten? Nein, das Flugzeug war soeben gelandet. Den Sinkflug hatte ich total verpennt.
In Seoul hatte ich etwa anderthalb Stunden Aufenthalt. Sobald ich durch die zweite Sicherheitskontrolle durch war, machte ich mich auf die Suche nach einem Telefon. Mein Vater hatte darauf bestanden, daß ich von Seoul aus anrufe, um Bescheid zu sagen, ob ich auch nicht den Anschlußflieger verpaßt hatte. Das habe ich dann auch gemacht. In Deutschland war es halb vier Uhr. Morgens. Na ja, wer die Mailboxfunktion seines Handys ausschaltet, darf sich dann auch nicht wundern, wenn er um die Zeit aus dem Schlaf gerissen wird. ;-)
Das Flugzeug nach Frankfurt flog mit einer halben Stunde Verspätung ab. Der Flug dauerte elf Stunden, von denen ich wieder eine ganze Weile geschlafen habe, wenn auch nicht so viel wie erhofft. Das koreanische Mittagessen fand ich nicht so prickelnd, beim Abendessen habe ich mich daher für die westliche Variante entschieden. Wesentlich besser. Zwischendurch habe ich ab und an aus dem Fenster gesehen, einen Film gesehen und versucht, noch etwas zu schlafen.
Um 17:40 Ortszeit in Frankfurt angekommen, sah ich so ziemlich als erstes am unteren Ende einer extrem schmalen Rolltreppe, vor der sich entsprechend alles staute, das Begrüßungsschild "Willkommen auf dem rauchfreien Flughafen Frankfurt", das irgendein Witzbold mit schwarzem Edding in "Willkommen auf dem bauchfreien Flughafen Frankfurt" verwandelt hatte. Wäre weniger Gedränge gewesen, hätte ich davon noch schnell ein Foto gemacht.
Die meisten Passagiere in dem Flieger waren Koreaner oder Japaner, die sich alle am Einreiseschalter für Nicht-EU-Bürger stauten. Da war ich viel schneller fertig. Aber am Gepäckband war die Gleichheit wieder aufgehoben. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis meine große Reisetasche endlich auftauchte.
Dann kam der Zoll. Lange Schlangen, aber die Beamten winkten die meisten einfach durch und machten nur vereinzelte Stichproben. Ratet mal, wer aufgehalten wurde ... Das muß daran gelegen haben, daß ich um ein Haar mit dem schweren Gepäckwagen dem Zollbeamten über den Fuß gefahren wäre.
"So, was haben Sie denn da alles drin?" "Öhm, ja, also, ich war über ein Jahr in Japan, komme jetzt zurück, und da sind meine Kleidung, Schuhe und so drin. Mein Schmuck auch." (Um Gotteswillen, das hörte sich ja fast so an, als hätte ich meine Kronjuwelen dabei gehabt!) "Ah, Sie haben da auch Schmuck gekauft? Wie teuer war denn der?" "Jedes Teil hat nur 500 Yen gekostet, das sind vielleicht drei Euro oder so." (Wahrscheinlich eher weniger, der Yen ist gerade ziemlich im Keller. :-( ) "Alkohol, Tabakwaren?" "Nein." "Haben Sie auch Weihnachtsgeschenke gekauft?" "Ja, aber die habe ich alle schon mit der Post abgeschickt." "Glück gehabt. Dann auf Wiedersehen." "Auf Wiedersehen. Und frohe Weihnachten." (Das konnte ich mir doch nicht mehr verkneifen.)
Dann ging es durch den Ausgang, wo ich prompt fotografiert wurde:
Ja, ich war sehr müde. Das ist in der Vergrößerung auch gut zu sehen.
Mit meinen Eltern habe ich mich als erstes auf einen Kaffee hingesetzt. Den brauchte ich auch ganz dringend. Aber dann ging es bald zum Auto und ab nach Hause. Ungefähr drei Stunden dauerte die Fahrt. Kurz nach zehn Uhr waren wir dann zu Hause, wo meine Oma und mein kleiner Bruder schon warteten.
Vor Jahren, als mein kleiner Bruder noch sehr hoch zu seiner großen Schwester aufblicken mußte, habe ich ihm versprochen, daß ich eines Tages den Kopf in den Nacken würde legen müssen, um ihm in die Augen zu sehen. Jetzt ist es so weit.
Gestern habe ich bis mittags geschlafen und war am Nachmittag schon wieder müde. Heute bin ich dagegen schon um kurz nach sechs Uhr morgens aufgewacht. Und war wenig später wieder ein bißchen müde. Merkwürdig, als ich letztes Jahr in Ōsaka angekommen war, hatte ich keinen so starken Jetlag.
Und was habe ich in den zwei Tagen gemacht? Nicht sehr viel. Omas gute Erbsensuppe gegessen (was hatte ich die vermißt!!). Mit meiner Mutter zum Einkaufen im Werrepark gewesen. Mich im Rathaus wieder angemeldet. Mit dem Auspacken angefangen. Und heute nachmittag Pfefferkuchenteig angerührt. Irgendwer muß sich ja um die Weihnachtsbäckerei kümmern. ;-)
Dienstag, Dezember 05, 2006
Der Futon
Weil so ein Futon direkt auf dem Boden liegt, muß er regelmäßig gelüftet und ausgeklopft werden, um Ungezieferbefall vorzubeugen. Dazu gibt es auf dem Balkon die Teppichstangen.
Vorne links ist die Decke, dahinter hängt der dicke Unterfuton über den Stangen. Im Hintergrund ist die Schaumstoffmatratze aufgestellt.
Mit dem Futonklopfer werden die einzelnen Teile dann mehr oder weniger gründlich ausgeklopft. Eher weniger, denn wenn man auf dem engen Balkon nicht richtig ausholen kann, dann macht das einfach keinen Spaß. Danach wird alles wieder zurück ins Zimmer geholt.
Zuerst die Schaumstoffmatratze. Sehr dünn und etwas zu weich für meinen Geschmack.
Darauf legt man den Unterfuton. Der ist relativ fest, aber immer noch weich. In der Kombination sind beide Teile sehr bequem.
Schließlich kommen noch das Kopfkissen und die Decke oben drauf. Fertig. Die Decke ist sehr breit und lang. Man kann sich in kalten Winternächten wunderbar darin einwickeln. Tagsüber läßt sie sich noch weiter zusammenfalten und bildet so eine hervorragende Rückenlehne, wenn man mal eine DVD auf dem Notebook sehen möchte.
Eigentlich wird so ein Futon nach dem Lüften im Wandschrank (dazu gibt es im darin einen kleinen hölzernen Lattenrost, damit auch von unten Luft daran kommt) verstaut, um Platz im Zimmer zu schaffen, aber ich habe ihn einfach als Sofa benutzt.
Die letzten Stunden
Heute habe ich alles ganz langsam und gemütlich angehen lassen. Morgens ausgeschlafen, um für die kurze Nacht und den langen Flug fit zu sein, in Ruhe gefrühstückt, mit den Mitbewohnerinnen gequatscht, die Japanischbücher zur Post getragen, am Bahnhof das Ticket für den Flughafenexpress gekauft, wieder nach Haue gegangen, die letzten paar Sachen in die große Tasche gepackt, und dann das Zimmer geputzt. Soll heißen: den Futon zum Lüften rausgetragen, die Lampe abgestaubt (*hust hust*), die Plasikkommode innen und außen feucht abgewischt, den Kleiderständer ebenfalls abgewischt, die Tatamimatten gesaugt, den großen Wandschrank gesaugt, Futon wieder reingeholt, fertig.
Gegen fünf bin ich mit der großen Tasche (gefühltes Gewicht: eine Tonne - die 20 kg erlaubtes Gewicht dürfte ich locker überschritten haben) zum Bahnhof marschiert, um sie dort über Nacht im Schließfach zu deponieren. Das hatte ich mir schon vor einiger Zeit überlegt. Ich habe eine große und eine kleine Reisetasche, dazu kommen noch Handtasche, große Handtasche und Notebooktasche. Sowohl die kleine als auch die große Reisetasche haben Rollen. Sehr praktisch, aber nicht, wenn man beide zusammen bewegen muß. Außerdem muß ich durch den U-Bahn-Eingang zum Bahnhof, und da gibt es keinen Fahrstuhl. Also müßte ich die eine Tasche oben an der Straße stehen lassen, während ich die andere nach unten schleppe. Das ist mir selbst morgens um halb sechs in Japan entschieden zu riskant, also kam ich auf die Idee mit dem Schließfach.
War gar nicht so einfach, ein freies Schließfach in der gewünschten Größe zu finden. An der ersten Schließfachwand war nur noch ein passendes frei - oben. Da hätte ich die Tasche nie im Leben hineinwuchten können. Und dann hätte ich sie am Morgen auch wieder heile herausbekommen müssen. Glücklicherweise waren um die Ecke noch etwas frei. Ich mußte mir nur noch im Laden 100-Yen-Stücke einwechseln lassen, weil der blöde Automat keine anderen Münzen annimmt.
Nach ca. einer halben Stunde wieder zuhause angekommen, erzählte mir Tara (die neue Mitbewohnerin), daß zwei Typen an der Haustür geklingelt hätten. Die Gebühreneintreiber von NHK, dem staatlichen Fernsehen. GEZ-Typen, sozusagen. Tara hatte ihnen irgendwie verständlich machen können, daß sie kein Japanisch spricht und sie bitte etwas später wiederkommen sollten, weil ich etwas Japanisch spreche. Sie wollten dann dreißig Minuten später noch einmal klingeln. Super. Wo ich mir gerade im Bahnhof überlegt hatte, eine aktuelle müde Phase auszunutzen und mich für ein paar Stunden aufs Ohr zu hauen. Weil ich immer noch im Nova-Rhythmus bin (vor zwei Uhr nachts kann ich sowieso noch nicht einschlafen), hatte ich beschlossen, mich die Nacht über mit meinen DVDs wachzuhalten. Zum Schlafen habe ich im Flieger noch jede Menge Zeit.
Wir warteten also auf die Gebühreneintreiber. Denen hätte ich dann gesagt, daß das hier eine Nova-Wohung ist und sie sich deshalb bitte an Nova wenden möchten. Wie gesagt, hätte. Denn wer auch nach einer Stunde immer noch nicht geklingelt hatte, waren die NHK-Fritzen. Daraufhin habe ich im Korridor und im Wohnzimmer das Licht ausgemacht, bin ich ins Bett gegangen, und Tara hat sich in ihr Zimmer zurückgezogen. Um halb neun klingelten die Typen dann endlich an der Tür, aber wir waren nicht da. Jetzt muß ich Tara noch den schönen Satz "Dies ist eine Nova-Wohnung, also wenden Sie sich bitte an Nova" auf Japanisch aufschreiben.
Dummerweise war während der elenden Warterei auch meine müde Phase vorbeigegangen, und so habe ich drei Stunden lang wach gelegen. Aber immerhin mit geschlossenen Augen. Danach war ich doch etwas ausgeruht, habe geduscht, die Reisekleidung angezogen, Kaffee gekocht, ein belegtes Brot gemacht, den Futon abgezogen und es mir dann bei belegten Broten und Kaffee mit dem ersten Film gemütlich gemacht.
Um fünf packe ich dann so leise wie möglich den Rest zusammen, und gegen halb sechs verlasse ich das Haus. Den Schlüssel habe ich in einem gefütterten Umschlag schon am Abend auf dem Weg zum Bahnhof in den Briefkasten geworfen. Um 6:17 fährt der Flughafenexpress in Shin Osaka ab und ist um kurz nach sieben am Flughafen. Mein Flug geht um 9:40, daher muß ich um 7:40 da sein. Leider ist es kein Nonstopflug. Ich fliege mit Korean Air und muß mittags in Seoul umsteigen. Aber von da ist es immer noch ein langer Flug nach Frankfurt, und da wird geschlafen. Wenn ich dann immer noch müde bin, kann ich im Auto weiterpennen, denn meine Eltern fahren extra nach Frankfurt, um mich abzuholen. :-))
Sonntag, Dezember 03, 2006
Nihongo nōryoku shiken
Hier in Japan begann der Test an allen Prüfungsorten um 9:45, während Leute anderswo ausschlafen durften. Ich hatte Glück, daß ich in einem Ballungsraum wohne, wo man die Chance hat, einem von seinem Wohnort nicht allzu weit entfernten Prüfungsort zugeteilt zu werden. Für Ellie und mich war das die Ōsaka Keizai Daigaku (Ōsaka University of Economics), zu der es tatsächlich nicht übermäßig weit ist.
Im Sommer, als ich das Anmeldeformular erwarb (da muß man tatsächlich schon Geld für bezahlen!), war in dem Umschlag auch ein Application Guide enthalten. Mit allerlei nützlichen Hinweisen, wie man das Formular auszufüllen und abzuschicken hat, wie der Test abläuft, wie die Fristen sind, usw. usf. In dem Abschnitt um den Test gibt es eine Menge Dinge, die verboten sind. Selbstverständlichkeiten wie die, daß man bitte kein Handy mitnehmen soll, nicht schummeln darf, daß man einen Bleistift (HB), aber keinen Kugelschreiber oder so benutzen soll, beispielsweise.
Dann gibt es aber noch die allgemeinen Verhaltenshinweise:
Note 2: Directions to the test site will be provided on your test voucher. If additional directions are needed, find out the information on your own or ask an acquaintance for assistance. Do not telephone the venue university for directions.
(...)
Note 4: Do not go to the test site by car. There are no parking spaces for cars or bicycles at the site. Do not park illegally near the site. The site office does not provide information on places to park.
(...)
Note 6: Keep the toilets, rooms, and corridors clean. Do not smoke outside the designated smoking areas.
Note 7: Do not leave any trash at or near the test site. Take back any trash with you.
Note 8: Be considerate of the local residents and keep quiet when traveling to and from the test site.
It has become increasingly difficult to secure test sites as a result of bad manners of examinees who discard the cigarette butts, litter, or park illegally at the test site and its vicinity. Such misbehaviour is subject to penalty.
Zu Nummer 2 ist mir nur der alte Spruch des Mathelehrers eingefallen, "Erster Teil der Aufgabe ist Verstehen der Aufgabe", oder besser gesagt: "Erster Teil des JLPT ist das Finden des Prüfungsortes." Überflüssig zu sagen, daß die kleine Karte auf dem Test Voucher durchaus Optimierungspotential besessen hätte.
Weder Ellie noch ich besitzen ein Auto, das wir frech im Parkverbot hätten abstellen können, und so sind wir mit dem Zug gefahren. Das ist hier sowieso das bequemste Fortbewegungsmittel. Und so trafen wir uns - beide unausgeschlafen - um kurz vor acht in Umeda, um gemeinsam mit der Hankyu Line die fünf Stationen zum Prüfungsort zu fahren.
Um die Uhrzeit war noch nicht viel los. Entsprechend ruhig war es, von einer kleinen Streichermelodie auf dem Bahnsteig abgesehen. Die kam mir bekannt vor, ich spitzte die Ohren, und tatsächlich: die Lautsprecher spielten "Am Weihnachtsbaum die Lichter brennen". Das ist eines der schönsten deutschen Weihnachtslieder, ich mag es sehr gerne und es klang auch wirklich nicht schlecht. Aber trotzdem möchte ich es nicht auf einem Bahnsteig vorgespielt bekommen, und schon gar nicht auf einem japanischen Bahnsteig! Als nächstes war dann "Rudolf, The Red-Nosed Rendeer" an der Reihe. Das klang schon weniger gut.
Vom dem kleinen Bahnhof waren es laut Karte noch ungefähr 15 Minuten zu Fuß. Kam auch hin. Dennoch hätten ein paar eingezeichnete Landmarken mehr nicht geschadet.
Inzwischen war es kurz nach halb neun (um diese Uhrzeit wurden die Tore geöffnet), und außer uns bewegten sich noch viele andere Leute alleine oder in kleinen Grüppchen in dieselbe Richtung. Einige unterhielten sich (Ellie und ich selbstverständlich auch), aber natürlich nur in normaler Lautstärke. Nicht, daß die armen Anwohner noch gestört werden.
Bald kamen wir an der Universität an, und was mußten wir als erstes sehen? Mehrere Japaner standen mit Lautsprechern bewaffnet auf der Straße und gaben in kurzen Abständen brüllend Richtungsanweisungen für die Prüfungsräume durch. Soviel also zum Thema "Rücksichtnahme auf die Anwohner, die am Sonntagmorgen vielleicht endlich einmal ausschlafen möchten".
Merke: Krach ist in Ordnung, wenn Japaner ihn verursachen. Aber wehe, ein böser Ausländer wagt es, am Sonntagmorgen auf der Straße laut zu lachen! Da kennt man hier keinen Spaß!
Das hier war "meiner". Mein Prüfungsraum war in Gebäudeteil B (auf dem unteren Bild rechts), Ellies in G. Da ihr Test außerdem länger dauerte als meiner, haben wir uns dann an dieser Stelle verabschiedet und uns noch viel Glück und Erfolg für den Test gewünscht.
Das Universitätsgebäude ist ein relativ ansprechender, modern wirkender Bau. Und es war nicht geheizt.
Der Ablauf des Tests (alles Multiple-Choice-Fragen) sah nun folgendermaßen aus:
1. Schreiben/Wortschatz von 9:45 bis 10:25. Den Teil fand ich sehr einfach.
2. Höraufgaben von 11:05 bis 11:50. Muzukashii!* Bei den letzten Aufgaben habe ich gar nichts mehr verstanden und einfach irgendwas angekreuzt.
3. Lesen und Grammatik von 12:50 bis 13:55. Nicht ganz so leicht wie der erste Teil, war aber machbar.
Zum Bestehen des Tests reichen 60% richtige Antworten (die falschen werden nicht gezählt), und die dürfte ich wohl geschafft haben. Aber die Ergebnisse gibt es erst ab Mitte Februar. An dieser Stelle dann ein herzliches Dankeschön an alle, die mir die Daumen gedrückt haben!
Von den Prüfungszeiten entfielen übrigens jeweils 15 Minuten auf Ermahnungen, Belehrungen und das Austeilen der Prüfungsunterlagen. In dem großen Hörsaal, in dem mit mir zusammen noch etwas über hundert weitere Prüflinge über ihren Fragebögen brüteten, waren vier japanische Mitarbeiter zur Aufsicht da. Zwei Männer und zwei Frauen. Der ältere der beiden war der Prüfungsaufseher, der Anfang und Ende der eigentlichen Prüfungszeit bekanntgab und bei Bedarf gelbe Karten an Prüflinge austeilte, die sich in irgendeiner Form daneben benommen hatten. Die rote Karte (wie im Fußball: Platzverweis) brauchte er nicht.
Die anderen drei verteilten die Fragebögen und die Hefte mit den Testaufgaben, kontrollierten die Tische (jeder Prüfling hatte einen festen Platz mit seiner Prüfungsnummer) bzw. was darauf lag und patroullierten während des Tests die Gänge auf und ab. Der Prüfungsaufseher stand die praktisch die ganze Zeit über vorne an seinem Pult und sah vor lauter Wichtigkeit so aus, als hätte er einen Besenstiel verschluckt.
Während des Tests durften sich nur wenige Dinge auf den Tischen befinden: Bleistifte, Radiergummis und der Voucher mit Name und Prüfungsnummer. Von dem Radiergummi mußte ich sogar die kleine Schutzhülle mit dem Shinkansen-Motiv abnehmen und in die Tasche stecken. Das sah mir, ehrlich gesagt, schon ein bißchen nach Paranoia aus. Wenn ich mir da was reingeschrieben hätte, hätte ich eine riesige Lupe gebraucht, um das anschließend noch entziffern zu können. Und das wäre mit Sicherheit aufgefallen. Na ja.
Vor Beginn jeder einzelnen Prüfung sagte eine Stimme vom Band durch, was man alles während des Tests NICHT machen dürfe und welches die Strafen dafür seien. Gelbe Karte oder rote Karte. Der Prüfungsaufseher zog bei dem Sermon die entsprechende Karte aus seiner Tasche und schwenkte sie mit ernster Miene würdevoll hin und her. Schwer, da nicht zu lachen.
Anschließend mußten alle ihre Handys vorzeigen (die eigentlich keiner hätte mitbringen dürfen), und die drei Unteraufseher kontrollierten bei jedem einzelnen, ob es auch wirklich aus war. Bei mir gab es da nichts zu kontrollieren, ich habe mein Handy gestern abgemeldet, die letzte Rechnung bezahlt und das Gerät dann zur ordnungsgemäßen Entsorgung im Laden abgegeben.
Danach durften wir endlich mit dem Test beginnen. Die Zeit war jedesmal gut bemessen. Zwischen jedem Test gab es eine kurze Pause, in der ich mein mitgebrachtes Mittagessen (Onigiri und Orangensaft) verzehrte, um mich für die nächste Aufgabe zu stärken. Den dabei entstandenden Müll habe ich gemäß der Vorschriften nicht in einen der zahlreichen Mülleimer in der Universität geworfen, sondern in der kleinen Plastiktüte vom Kombini aufbewahrt. Und auf dem Rückweg zum Bahnhof einfach in einem Mülleimer an einer Bushaltestelle (an sich schon eine erwähnenswerte Tatsache, denn öffentliche Mülleimer sind in diesem Land eine wahre Rarität!) entsorgt. ;-)
___
* Schwierig!